Full text: Deutsche Geschichte vom Zeitalter der Reformation und Preußische Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen (T. 5)

§ 1. Luther bis zum endgültigen Bruche mit dem Papsttum (bis 1520). 11 
Herreugeschlechteru und Zünften engherzig niedergehalten wurden, war 
schon im Laufe des 15. Jahrhunderts mancher Aufruhr verursacht 
worden Kirchliche Übel- 
iUULUUi. _ ^ stände- 
Allgemein aber zürnte man auf das p ä p st l i ch e R o m: die F ü r - 
fteit, weil es trotz der auf deu großeu Reformkouzilieu und auf vieleu 
Reichstageu erhobenen Beschwerden fortfuhr, mit allen Mitteln hohe 
Summen ans ihren Ländern zu erpressen; die Bürger, weil sie das 
Opfer dieser Abgaben waren und zudem an den: oft sehr weltlichen 
Treibeil der Geistlichkeit uud der zahllosen Klosterinsassen Allstoß uah- 
nten; die Bauern, weil bei der außerordentlichen Große des kirch¬ 
lichen Besitzes in Deutschland die Bischöfe und Äbte zu den verhaßten 
Grundherren gehörten. Ja, viele geistliche Herren selbst führten schwere 
Klage gegen die päpstliche Kurie, die ihnen für die Bestätigung im Amte 
übergroße, ihre Sprengel oft schwer schädigende Opfer auflegte. Über¬ 
all diese kirchlichen Mißstände war schon seit Jahrhunderten von Laien 
und Geistlichen, von Gelehrten und Ungelehrten, in heiligem Ernste, 
aber auch in Hohn und Spott geklagt worden. Aber auch in dieser Zeit 
wäre es bei der großen Frömmigkeit des deutschen Volkes kaum um 
äußerer Nöte willen zur Auflehnung gegen die alte Kirche gekommen, 
wenn nicht aus dem tiefsten Innern eines echten deutscheil Gemütes 
Klänge ertönt wären, wie sie noch nie gehört worden waren. 
2. Dr. Martin Luther. Die Familie Luthers stammte aus dem H^unft^und 
Thüringerland. Dort saßen zu Möhra (s. v. Eisenach) seit alten Zeiten 
die Luthers, ein kerniges Bauerngeschlecht, das sich nicht hatte in Erb¬ 
untertänigkeit beugen lassen. Da der älteste Bruder den Hof bekam, war 
Hans Luther mit seiner Frau Margarethe nach Eis leben gezogen, um 
dort sein Brot als „Berghauer" zu verdienen. Hier wurde Martin, iljr 
ältester Knabe, am 10. November 1483 geboren. Im nächsten Jahre siedelte 
die Familie nach Mansseld über, wo Vater und Mutter hart arbeiten 
mußten, um sich und ihre anwachsende Kinderschar zn ernähren. Doch der 
Segen für ihre Arbeit blieb nicht aus; Hans Luther nannte schließlich zwei 
Schmelzöfen und ein Haus sein eigen und bekleidete sogar eine Ratsherrn¬ 
stelle der Stadt. Der junge Martin kam sehr zeitig zur Schule, wo er nach 
der strengen Art jener Zeit wie im Elternhaus um geringer Anlässe willen Magdeburg und 
oft „weidlich, gestrichen wurde". Des Vaters sehnlichster Wunsch war, daß Eisenach, 
sein Martin die Rechte studieren solle, um vielleicht Ratsherr oder gar Bür¬ 
germeister einer der großen Nachbarstädte zu werden. Darum sandte er ihn 
nach Magdeburg und dann nach Eisenach aus die Lateinschule. Von 
Hause fast ohne alle Unterstützung gelassen, mußte sich der Knabe durch 
„Kurrendesingen" vor den Häusern sein Brot erwerben. Da gewann er die 
mütterliche Zuneigung der Witwe Ursula Cotta zu Eisenach, in deren 
behaglichem Hause er zum ersten Male an sich das Gefühl heimischen Ge¬ 
borgenseins kennen lernte. Vom Jahre 1501 an studierte er an der Hoch¬ 
schule zu Erfurt, wo er zunächst die Würde eines „Magisters der freien Studium zu 
Künste" erhielt. Bald nachdem er sein Hauptstudium, das der Rechtswissen- ®rfurt
	        
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