Full text: Erzählungen aus der Sagenwelt des klassischen Altertums und aus der ältesten Geschichte der Griechen und Römer (Teil 3: Ergänzungsheft)

2. Die Nachfolger des Cyrus 
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in einer großen Schlacht an der Nilmündung, und es gelang ihm, die 
Hauptstadt Memphis zu erobern und den König Psamenit gefangen 
zu nehmen. Er behandelte ihn anfangs milde, fast wie einen Freund, 
ließ ihn aber später hinrichten, als Psamenit versucht hatte, die Ägyp¬ 
ter zur Empörung anzustiften. 
Von Ägypten aus wollte nun Kambyses das Land der Äthiopier 
erobern, die am mittleren und oberen Nil wohnten. Als aber das 
Heer kanm den fünften Teil des Weges zurückgelegt hatte, waren 
ihnen schon alle Mundvorräte ausgegangen. Es brach eine schreckliche 
Hungersnot aus; die Zugtiere waren schon verzehrt; alles Gras und 
Krant wurde gierig verschlungen. Als es aber so weit kam, daß die 
Soldaten aus den eigenen Reihen immer den zehnten Mann zur Nah¬ 
rung für die andern auslosten, kehrte Kambyfes endlich voll Schrek- 
ken um. 
In Memphis wurden gerade, als die Perser zurückkehrten, Freu- Der Apisstier, 
denfeste gefeiert; denn ein neuer Apis war gefunden worden. Der 
Apis war ein schwarzer Stier mit einem weißen Dreieck ans der Stirn 
und wurde von den Ägyptern als Sinnbild eines Gottes verehrt. 
Kambyses aber tötete den Apis, ergrimmt darüber, daß die Ägypter 
es wagten, Feste zu feiern, während er von einem unglücklichen Feld¬ 
zug zurückkehrte. 
Bald darauf verfiel er in Wahnsinn, und die Ägypter meinten, Prexaspes. 
es geschehe zur Strafe für den Frevel an der Gottheit. Aus dieser 
Zeit wird folgendes Begebnis berichtet: Als der König einst seinen 
Vertrauten Prexaspes fragte, was wohl die Perser von ihm dächten, 
antwortete dieser: „Sie loben dich zwar in allem andern, doch sagen 
sie, du seiest dem Trunke zu sehr ergeben." Da antwortete der König; 
„Du siehst dort im Hose deinen Sohn, meinen Mundschenk, stehen ; 
ich werde jetzt mit dem Pfeil nach ihm schießen, und wenn ich ihn 
nicht mitten ins Herz treffe, so sollen die Perser recht haben. Wenn 
ich ihn aber treffe, dann ist es offenbar, daß nicht ich von Sinnen 
bin, sondern die Perser es sind, die solches von mir behauptet haben." 
Und der wahnsinnige König schoß, traf den Knaben in die Brust, ließ 
den Leichnam aufschneiden, und siehe, der Pfeil saß ihm mitten im 
Herzen. Bald darauf ließ er voll Mißtrauen sogar seinen Bruder 
Smerdis ermorden und verübte unzählige andere Grausamkeiten. Als 
er hörte, ein Betrüger, der seinem Bruder sehr ähnlich sehe, gebe sich 
für diesen aus und wolle sich in Persien zum Könige machen, brach 
er in die Heimat auf. Unterwegs aber verwundete er sich, als er sich 
auf fein Pf erb schwang, mit seinem Dolche am Beine und erkrankte so 
Schenk-Koch, Lehrbuch d. Geschichte. II. 6. Aufl. 4
	        
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