2. Die Nachfolger des Cyrus
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in einer großen Schlacht an der Nilmündung, und es gelang ihm, die
Hauptstadt Memphis zu erobern und den König Psamenit gefangen
zu nehmen. Er behandelte ihn anfangs milde, fast wie einen Freund,
ließ ihn aber später hinrichten, als Psamenit versucht hatte, die Ägyp¬
ter zur Empörung anzustiften.
Von Ägypten aus wollte nun Kambyses das Land der Äthiopier
erobern, die am mittleren und oberen Nil wohnten. Als aber das
Heer kanm den fünften Teil des Weges zurückgelegt hatte, waren
ihnen schon alle Mundvorräte ausgegangen. Es brach eine schreckliche
Hungersnot aus; die Zugtiere waren schon verzehrt; alles Gras und
Krant wurde gierig verschlungen. Als es aber so weit kam, daß die
Soldaten aus den eigenen Reihen immer den zehnten Mann zur Nah¬
rung für die andern auslosten, kehrte Kambyfes endlich voll Schrek-
ken um.
In Memphis wurden gerade, als die Perser zurückkehrten, Freu- Der Apisstier,
denfeste gefeiert; denn ein neuer Apis war gefunden worden. Der
Apis war ein schwarzer Stier mit einem weißen Dreieck ans der Stirn
und wurde von den Ägyptern als Sinnbild eines Gottes verehrt.
Kambyses aber tötete den Apis, ergrimmt darüber, daß die Ägypter
es wagten, Feste zu feiern, während er von einem unglücklichen Feld¬
zug zurückkehrte.
Bald darauf verfiel er in Wahnsinn, und die Ägypter meinten, Prexaspes.
es geschehe zur Strafe für den Frevel an der Gottheit. Aus dieser
Zeit wird folgendes Begebnis berichtet: Als der König einst seinen
Vertrauten Prexaspes fragte, was wohl die Perser von ihm dächten,
antwortete dieser: „Sie loben dich zwar in allem andern, doch sagen
sie, du seiest dem Trunke zu sehr ergeben." Da antwortete der König;
„Du siehst dort im Hose deinen Sohn, meinen Mundschenk, stehen ;
ich werde jetzt mit dem Pfeil nach ihm schießen, und wenn ich ihn
nicht mitten ins Herz treffe, so sollen die Perser recht haben. Wenn
ich ihn aber treffe, dann ist es offenbar, daß nicht ich von Sinnen
bin, sondern die Perser es sind, die solches von mir behauptet haben."
Und der wahnsinnige König schoß, traf den Knaben in die Brust, ließ
den Leichnam aufschneiden, und siehe, der Pfeil saß ihm mitten im
Herzen. Bald darauf ließ er voll Mißtrauen sogar seinen Bruder
Smerdis ermorden und verübte unzählige andere Grausamkeiten. Als
er hörte, ein Betrüger, der seinem Bruder sehr ähnlich sehe, gebe sich
für diesen aus und wolle sich in Persien zum Könige machen, brach
er in die Heimat auf. Unterwegs aber verwundete er sich, als er sich
auf fein Pf erb schwang, mit seinem Dolche am Beine und erkrankte so
Schenk-Koch, Lehrbuch d. Geschichte. II. 6. Aufl. 4