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erklärte er ihm den Krieg. Dieser sandte nach Sachsen, um Hülfe für sich
zu verlangen. Es ward ihm aber Asich gesandt mit der Schaar der Merse¬
burger und einem starken Hausen Hassigauer*), wozu ihm noch ein thü¬
ringisches Aufgebot gegeben wurde. Jene Schaar nämlich war aus Räubern
gesammelt. Denn König Heinrich war gegen die Fremden ziemlich strenge,
gegen seine Landsleute aber in allen Dingen sehr milde; so oft er deshalb
sah, daß ein Dieb oder Räuber ein tapfrer Degen und tüchtig zum Kriege
fei, verschonte er ihn mit der gebührenden Strafe; aber er versetzte ihn in
die Vorstadt von Merseburg, gab ihm Aecker und Waffen, und befahl ihnen
nun die Landsleute zu verschonen, gegen die Barbaren aber, so viel sie sich
getrauten,_ Räubereien auszuüben. Die aus solchen Leuten gesammelte
Menge also stellte eine vollständige Heerschaar zum Kriegszuge. Da aber
Bolizlav von dem Heere der Sachsen hörte, und daß die Sachsen besonders
und die Thüringer besonders gegen ihn zögen, theilte auch er seine Genossen,
und klugend Rathes, wie er war, beschloß er beiden Heeren zu begegnen.
Als aber die Thüringer die Feinde unvermuthet sich gegenüber sahen, ver¬
mieden sie durch die Flucht die Gefahr. Asich hingegen mit den Sachsen
und der übrigen Hülfsmannfchaft stürzte ohne alles Zögern auf die Feinde,
schlug den größten Theil von ihnen mit den Waffen nieder, trieb die
Uebrigen in die Flucht und kehrte siegreich zum Lager zurück. Und da er
von dem Heere, welches die Thüringer verfolgt hatte. Nichts wußte, erfreute
er sich zu sorglos des errungenen Sieges. Als aber Bolizlav unser Heer
zerstreut und die Einen beschäftigt sah, den Getödteten die Rüstungen ab¬
zuziehen, Andre Streu für die Pferde zu sammeln. Andre ihren Körper zu
pflegen, vereinigte er das geschlagene und das zurückgekehrte Heer, fiel über
die Nichts Ahnenden und durch den eben errungenen Sieg sicher Gemachten
plötzlich her und erschlug den Feldherrn sammt unserm ganzen Heere. Von
da brach er auf gegen die Feste jenes Häuptlings, nahm dieselbe auf den
ersten Anlauf und machte sie zur Einöde bis auf den heutigen Tag. Und
es währte dieser Krieg bis in das vierzehnte Regierungsjahr des Königs;
von da an verblieb er dem Könige ein treuer und nützlicher Diener.
Als aber der König von jener Niederlage Botschaft erhielt, wurde er
darüber keineswegs bestürzt, sondern gestärkt durch göttliche Kraft rückte er
mit dem ganzen Heere in das Gebiet der Barbaren**) ein, um ihrem Wüthen
Einhalt zu thun. Es waren nämlich jene schon vorher von seinem Vater
mit Krieg überzogen worden, weil sie die Gesandten seines Sohnes Thons-
mar verletzt hatten, von welchem wir in der Folge ausführlicher zu sprechen
gedenken. Der neue König also beschloß einen neuen Feldhauptmann zu
bestellen, und er wählte zu diesem Amte einen edlen, rüstigen und gar klugen
Mann, Namens Hertmann.***) Durch diese hohe Stellung aber erregte
Hertmann den Neid nicht allein der übrigen Fürsten, sondern auch seines
Bruders Wichmann. Deshalb entfernte sich dieser sogar unter dem Vor¬
wand einer Krankheit vom Heere. Denn es war Wichmann ein gewaltiger,
tapfrer Mann, hochstrebend, kriegserfahren und von solchem Wissen, daß
seine Untergebenen von ihm rühmten, er wisse mehreres, was über mensch¬
liche Kunst hinaus ginge. Herimann aber, welcher sich an der Spitze des
*) D. H. aus dem Hasgau, in welchem Merseburg liegt.
**) Nämlich der Redarier. An der unteren Elbe und Havel. Sch.
***) Aus dem Geschlechte der Billunger. S.