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45. Friedrich Wilhelm II. (1786-1797).
Ende Polens; Ausbruch der französischen Revolution.
Friedrich dem Großen folgte, da er keine Kinder hinterließ, sein Neffe
Friedrich Wilhelm II., der bis 1797 regierte. Unter ihm fanden in den
Jahren 1793 und 1795 die zweite und dritte Theilung Polens statt.
Beide Male betheiligte sich Friedrich Wilhelm daran, so daß Preußen eine
bedeutende Gebietserweiterung zu Theil wurde.
Die Polen hatten auf Befehl der Kaiferiu Katharina von Rußland nach
dem Tode ihres Königs August III., welcher auch Kurfürst von Sachsen war,
im Jahre 1764 den Grafen Stanislaus August Poniatowski zum Könige
annehmen müssen. Im Jahre 1788 gab Stanislaus dem Lande eine neue
Verfassung. Diese wurde aber von Rußland nicht anerkannt. Die Russen
rückten in Polen ein, um das Land zu besetzen. Unter Anführung des
Kosciusko, eines polnischen Edelmannes, leisteten die Polen tapferen Wider¬
stand, mußten aber schließlich der Uebermacht unterliegen. Die neue Verfassung
wurde abgeschafft, und es erfolgte eine zweite Theilung Polens, bei
welcher Preußen die Städte Danzig und Thorn nebst dazu gehörigem Land-
gebiet, sowie auch Großpolen erhielt (1793). Eine neue, mißglückte Erhebung
der Polen unter Kosciusko endete mit der dritten Theilung des Landes.
Preußen erhielt das Land links von der Weichsel mit der Hauptstadt
Warschau. Polen war aus der Reihe der selbstständigen Reiche gestrichen.
Die Fürstentümer Anspach und Baireuth hatte Preußen 1792 durch
einen Erbvertrag erhalten.
Im Jahre 1789 war die französische Revolution ausgebrochen. Die Keime
derselben entstanden durch die grenzenlose Verschwendung und die vielen Kriege
Lndwig's XIV., durch welche Frankreich in eine ungeheure Schuldenlast gestürzt
wurde,^ welche durch Verschwendung und Sittenlosigkeit des Hofes unter
Ludwig XV. sich noch stark vermehrte. Ludwig XVI., welcher seit 1774 regierte,
war voll guten Willens, aber zu schwach, der immer hoher steigenden Noth des
Landes zu steuern. Die bevorrechteten Stände, Adel und Geistlichkeit, trugen
ZU den Bedürfnissen des Staates nichts bei, so daß zuletzt nicht einmal die Zinsen
der Staatsschuld bezahlt werden konnten. Damit dem Elende abgeholfen werde,
berief der König eine allgemeine Versammlung der drei Stande des
Reiches (300 vom Afcet, 300 von der Geistlichkeit und 600 vom Bürgerstande)
nach Versailles (1789). In dieser Versammlung riß der bis dahin geknechtete
und mißachtete dritte Stand bald alle Gewalt an sich. Der Haß gegen den
übermüthigen Adel und gegen die Geistlichkeit erreichte in kurzer Zeit den
höchsten Grad, und es kam zu gewalttätigen, blutigen Auftritten. Die
Dastille (ein befestigtes Staatsgefängniß) wurde erstürmt und die Besatzung
ermordet. Die Empörung verbreitete sich schnell durch das ganze Reich. Ein
großer Theil der höheren Stände floh in die benachbarten Länder, besonders
nach Deutschland; auch der König wollte sein Heil in der Flucht suchen, wurde