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26. Ludwig der Bayer (1314—1347).
1. Der Kampf um die Kaiserwürde. Bei der Kaiserwahl im
Jahre 1314 waren die Kurfürsten*) uneinig. Die Mehrzahl derselben
wählte den Herzog Ludwig von Bayern, eine Minderheit aber den
Herzog Friedrich den Schönen von Österreich. Dadurch wurden
beide Fürsten, die von Jugend auf die innigsten Freunde waren, er¬
bitterte Gegner, während Deutschland sich in zwei Parteien spaltete.
Ein unheilvoller Krieg begann. Acht Jahre währte der Kampf, bis
es endlich im Jahre 1322 zwischen Ampfing und Mühldorf am
Inn zu einer entscheidenden Schlacht kam. Friedrich wurde besiegt und
gefangen genommen. Ludwig brachte ihn auf die Burg Arausuitz ci/N.
2. Deutsche Treue. Doch war der Krieg damit nicht zu Ende; denn
Friedrichs Bruder Leopold kämpfte weiter. Da erschien eines Tages
Ludwig bei seinem Gefangenen und versuchte eine Aussöhnung mit ihm.
Diese kam zu stände. Friedrich verzichtete auf die Krone und versprach,
seinen Bruder Leopold zum Frieden zu bewegen, oder sich wieder in die
Gefangenschaft zurückzubegeben. Nun reiste er uach Wien. Aber sein
Bruder war nicht zur Nachgiebigkeit zu bringen und blieb unversöhn¬
lich. Da entschloß sich Friedrich, wieder in die Gefangenschaft zurück¬
zukehren. Als man ihn davon abhalten wollte, fprach er: „Manneswort
ist Manneswort! Ich will mein Versprechen halten, damit man nicht
sagen kann, ich habe es als Deutscher an der deutschen Treue fehlen lassen."
Friedrich ging nach München und stellte sich freiwillig wieder als Ge¬
fangener. Von solchem Edelmut und solcher Treue war Ludwig tief
gerührt. Er drückte ihn an sein Herz wie einen Bruder und bat ihn,
fortan sein Mitregent zu sein. Als Leopold bald darauf starb, wurde
Friede im Reiche.
3. Feindschaft mit dem Papste. Wie die früheren Kaiser, so führte
auch Ludwig der Bayer Kriege in Italien. Dabei entzweite er sich mit
dem Papste. Dieser sprach die Absetzung und den Kirchenbann über
ihn aus und forderte die deutschen Fürsten auf, einen anderen Kaiser
zu wählen. Da versammelten sich die Kurfürsten im Jahre 1338 am
Königsstuhl zu Reuse**) und erklärten feierlich: Wer von der Mehrzahl
*) Kurfürsten — Wahlfürsten. Seit der Wahl Rudolfs von Habsburg hatten
nur 7 Kurfürsten das Recht, deu König (Kaiser) zu wählen, nämlich die drei
Erzbischöfe von Mainz, Köln nnd Trier, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von
Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen.
**) Bei Reuse oberhalb Kobleuz stand der Königsstuhl, ein Steinbau an,
7 Schwibbögen. Im 14. und 15. Jahrhundert diente er den Kurfürsten als Ver-