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zu tun, führte er Nachtwachen und ein Feuerlöschwesen ein. Um den
häufigen Überschwemmungen zu wehren, ließ er das Tiberbett erweitern
und reinigen. Darauf versorgte er die volkreiche Stadt durch eiue
großartige Wasserleitung mit gutem Trinkwasser. Rom verschönerte
er durch zahlreiche Gebäude, die aus Marmor aufgeführt wurden. Mit
Recht konnte er sich rühmen: „Ich übernahm eine Stadt aus Back- und
Ziegelsteinen und hinterließ eine Stadt aus Marmor." 400 Tempel,
unzählige Marmorpaläste, Säulenhallen, Triumphbogen, Denkmäler und
Bildsäulen schmückten die Weltstadt. Über alle erhob sich ans dem Pala¬
tinischen Hügel die kaiserliche Burg. So zeigte Rom immer mehr, daß
es die Haupt- und Residenzstadt des mächtigen Römerreiches bildete,
den länder- und oölkerbeherrschenden Mittelpunkt. Kunst und Wissen¬
schaft fanden eifrige Pflege. Griechische Lehrer unterrichteten die römi¬
schen Jünglinge. Niemals gab es in Rom mehr und größere Dichter,
Redner und Geschichtschreiber als in diesem goldenen Zeitalter des
Augustus. Die griechische Bildung ward Allgemeingut aller Gebildeten
des Reiches und einte die Bürger.
Bei allen Friedenswerken vergaß Augustus die Ausbildung des
Heerwesens nicht. Mit ihm endete die Zeit der Eroberungs¬
und Angriffskriege. Er begnügte sich im allgemeinen mit dem Schutze
der Greuzländer und richtete deshalb ein stehendesHeer ein. Es
wurde auf die Grenzprovinzen verteilt. Dort wohnten die einzelnen
Legionen in verschanzten Lagern, aus denen meist in der Folge Städte
erwuchsen (wie Straßburg, Mainz, Köln usw.). Die Soldaten dienten
meist 20 Jahre und hatten ihre Familien bei sich, bebauten im Frieden
ihre Felder und übten sich nur zeitweise in Märschen und im Waffen¬
dienste. Die Bewohner Italiens waren von der Wehrpflicht befreit.
Die ausgedienten Soldaten erhielten das Bürgerrecht. In Italien ließ
Augustus nur etwa 10 000 Mann stehen. Dadurch wollte er einerseits
das Land und den Kaiser schützen, anderseits keine Soldatenherrschaft
aufkommen lassen. Doch hat er seinen Zweck nicht erreicht.
Eine lange segensreiche Friedenstätigkeit war Augustus beschieden.
Doch blieb ihm auch bitterer Schmerz nicht erspart. Großen Kummer
bereitete ihm die Niederlage des Varus im Teutoburger Walde. Noch
größeres Herzeleid brachte seine ränkevolle Gemahlin über ihn. Sie
räumte ihre Stiefkinder aus dem Wege, damit ihr Sohn Tiberius nach
Augustus Kaiser würde. So war er am Ende seines Lebens nicht zu¬
frieden. Sein Leben erschien ihm wie ein Schauspiel. „Habe ich die
Rolle meines Lebens gut gespielt?" fragte er seine Freunde. „Ja",
antworteten sie. „Nun, so klatscht mir Beifall, denn sie ist zu Ende,"
sprach er. So starb Augustus, den man für den Glücklichsten hielt. „Sei
glücklich wie Augustus", rief man fortan jedem neuen Kaiser bei seiner
Thronbesteigung zu.