- 171 —
fechte bestanden, 26 Festungen erobert, gegen 400 000 Gefangene
gemacht, über 6700 Geschütze erbeutet. Es war „ein Krieg
ohnegleichen".
64. Die Wiederherstellung des deutschen Reiches.
1. Das neue deutsche Reich. — Außer der Ver¬
größerung an Land und Leuten, außer dem Wiedergewinn von
Elsaß und Lothringen brachte der Krieg von 1870—71 dem
deutschen Volke noch eine andere köstliche Frucht: er vollendete
Deutschlands Einheit. Bisher hatte der Mainstrom
noch eine Scheidelinie gebildet, welche die vereinzelten deutschen
Südstaaten von dem unter Preußens Führung stehenden nord¬
deutschen Bunde trennte. Die noch nicht völlig geschwundene
Eifersucht der deutschen Stämme gegeneinander, vornehmlich
aber Frankreichs Neid gegen Deutschlands Aufschwung und
Napoleons III. Kriegsdrohungen hatten diese Linie gezogen.
Aber durch den gemeinsam bestandenen siegreichen Kampf war
nun jede Schranke gefallen; Deutschlands Stämme fühlten
sich inniger als jemals vereinigt in dem gemeinsam ver¬
teidigten und geretteten Vaterlande; ein „einig Volk von
Brüdern" wollten sie für alle Zukunft fein und bleiben. So
geschah es denn, daß, ehe noch der Krieg mit Frankreich völlig
zu Ende gediehen, ehe noch Paris in deutsche Hände gefallen
war, alle süddeutschen Fürsten, die Könige von Bayern und
Württemberg und die Großherzöge von Baden und Hessen,
Abgesandte in das Hauptquartier des Königs von Preußen
nach Versailles mit der Bitte sandten, den norddeutschen Bund
durch Aufnahme der süddeutschen Staaten zu einem deutschen
Reiche zu erweitern. Unter dem Beifalle des gesamten Volkes
kam das hochwichtige Werk rasch zustande.
2. Der deutsche Kaiser. — Wie das alte Reich
deutscher Nation zu seinem Haupt den Kaiser hatte, so sollte
nun auch die im Gedächtnis des Volkes allezeit bewahrte Kaiser-
würde wieder ausleben. So beschlossen es einmütig die
deutschen Fürsten und freien Städte, als der jugendliche König
Ludwig II. von Bayern voll edlen Vaterlandsstnnes sie