Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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^athsherrn, bie Geistlichen unb Schulfinber zogen ihm entgegen unb 
führten ihn feierlich zur Kirche. Hier richtete er ein rothes Kreuz unb 
des Papstes Wappen auf unb stellte feine 5eiben Kasten baneben In 
bem einen Befanben sich ABlaßzettel für alle möglichen Sünben;' ber 
anbere war für bas Gelb Bestimmt. Dann Bestieg er bie Kanzel unb pries 
die große Gnabe unb Kraft bes ABlaffes. Er pflegte zu sagen: „So- 
Balb bas Gelb in bem Kasten klingt, bie Seele in ben Himmel springt." 
Alles Volk strömte herBei unb fauste, unb Tetzel zog mit gefülltem Gelb' 
fasten bavon. So liefen auch Leute von Wittenberg hin unb fausten sich 
Ablaß. Als Luther sie nachher zur Buße ermahnte, wiesen sie ihre Zettel 
vor unb meinten, sie hätten nicht mehr nöthig, Buße zu thun. DarüBer 
war Luther tief empört, unb er sieng an, gegen ben Ablaß zu prebigen. 
Als Tetzel bas hörte, nannte er Luther einen Erzketzer. Da schlug Luther 
gegen ben ABlaß am 31. OktoBer 1517 95 Sätze an bie Schloßfirche zu 
Wittenberg, baß sie jebermann lesen sonnte. Dieser Schritt Luthers 
erregte bas größte Aussehen, unb binnen vier Wochen waren bie Sätze 
überall besannt. 
6- Tetzel unb feine Freunbe waren sehr zornig auf Luther. Der 
Papst ließ ihn aufforbern, binnen 60 Tagen in Rom zu erscheinen, um 
sich zu verantworten. Der Kurfürst Friebrich ber Weife, Luthers 
Lanbesherr, fürchtete jeboch, baß es bem muthigen Mönche übel ergehen 
sönne unb ersuchte beshalB ben Papst, Luther in Deutschlanb verhören zu 
lassen. Da Befahl berfelBe, baß Luther in AugsBurg vor bem Karbinal 
Kajetan erscheinen solle. Luther gehorchte. Der Karbinal forberte ihn 
zum Wiberruf auf, Luther aBer verlangte, baß man ihm aus Gottes Wort 
seine Irrthümer beweisen solle. Zuletzt warv ber Kardinal zornig unb 
sprach: „Geh hin unb komm mir nicht wieber unter bie Augen, es sei 
benn, baß bu tviberrufen willst!" Luthers Freunbe befürchteten nun, baß 
ber Karbinal ihn gefangen nehmen unb nach Rom führen wolle; baruni 
verschafften sie ihm ein Pferb unb ließen ihn heimlich um Mitternacht aus 
ber Stabt. Luther fam glücklich in Wittenberg an. Darnach hatte Luther 
mit bem berühmten Professor Dr. Eck in Leipzig einen öffentlichen Streit. 
Hier sprach er offen aus, baß nicht ber Papst, sonbern bas Wort Gottes 
in Glaubensfachen unser höchster Richter fei. Der Papst that ihn alsbann 
in ben Bann. Luther aber warf bie päpstliche Bannbulle vor bem Elster¬ 
thore in Wittenberg am 10. December 1520 in Gegenwart vieler Doktoren 
unb Stubenten in bie Flammen. Durch biese sühne That sagte sich Luther 
gänzlich vom Papste los. Man zitterte für fein Leben, unb viele hielten 
ihn für verloren. Luther aBer fannte feine Furcht, unb feine Anhänger 
vermehrten sich immer mehr. 
Fast zu gleicher Zeit traten in ber Schweiz Ulrich Zroingli unb 
Johann Calvin gegen ben Papst auf unb würben bie Stifter ber refor¬ 
mierten Kirche. 
6. Im folgenben Jahre (1521) hielt Kaiser Karl V. einen Reichs-
	        
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