g I. Der Kulturkampf
pflichten,- 2. weil dasselbe öffentliche Wahl- oder Stimmrechte in einer
bestimmten Richtung ausgeübt ober nicht ausgeübt hat.
d) Gesetz über den Austritt aus der Kirche vom 14. Mai 1873.
§ 1. Der Austritt aus einer Kirche mit bürgerlicher Wirkung er¬
folgt durch Erklärung bes Austretenben in Person vor bem Richter seines
Wohnortes. Rücksichtlich bes Übertrittes von einer Kirche zur anberen
verbleibt es bei bem bestehenben Recht. Will jeboch ber Übertretenbe von
ben Lasten seines bisherigen Verbandes befreit werben, so ist die in die¬
sem Gesetz vorgeschriebene Form zu beobachten.
§ 2. Der Hufnahme ber Austrittserflärung mutz ein hierauf ge¬
richteter Antrag vorangehen. Derselbe ist durch den Richter dem Vor¬
stande der Kirchengemeinde, welcher der Antragsteller angehört, ohne
Verzug bekannt zu machen. Die Aufnahme ber Austrittserklärung finbet
nicht vor Ablauf von vier Wochen, und spätestens innerhalb sechs
Wochen nach (Eingang des Antrages zu gerichtlichem Protokoll statt. Ab¬
schrift bes Protokolls ist bem öorstanbe der Kirchengemeinde zuzu¬
stellen. (Eine Bescheinigung des Austritts ist dem Ausgetretenen auf ver¬
langen zu erteilen.
6. Ungiiltigerflänmg der Maigesetze durch die päpstliche Enzyklika
vom 5. Zebruar 1875.1
Um die Pflicht Unseres Amtes zu erfüllen, erklären wir durch dieses
Schreiben ganz offen allen, welche es angeht, und dem ganzen katholi¬
schen (Erdkreise, daß jene Gesetze ungültig sind, da sie der göttlichen (Ein¬
richtung der Kirche ganz und gar widerstreiten. Denn nicht die Mäch¬
tigen der (Erde hat der Herr den Bischöfen seiner Kirche vorgesetzt in ben
Dingen, welche den heiligen Dienst betreten, sondern den heiligen Pe¬
trus, dem er nicht bloß seine Lämmer, sondern auch seine Schafe zu wei¬
den übertrug ßofj.21, 16, 17), und darum können auch von keiner noch
so hochstehenden weltlichen Macht diejenigen ihres bischöflichen Amtes
entsetzt werben, welche der heilige (Beist zu Bischöfen gesetzt hat, um die
Kirche zu regieren (Apost. 20, 28).
hierzu kommt ferner folgender, eines edlen Volkes unwürdige Um¬
stand. der auch, wie Wir meinen, selbst von unparteiischen Akatholiken
verworfen werden muß. Diese Gesetze nämlich, welche in ihren strengen
Strafbestimmungen mit harten Ahnbungen bie nicht (Behorchenden be=
brohen und zur Ausführung dieser Strafen die bewaffnete Macht bereit
haben, bringen friedliche unb unbewaffnete Bürger, welche um bes Ge¬
wissens willen, wie bie Gesetzgeber selbst wohl wissen konnten unb nicht
1 hohn, Geschichte des Kulturkampfes, S. 165. — Über die Durchführung
der Illaigesetze erfahren wir näheres aus INajunke, Geschichte des Kulturkampfes,
S. 411 und 414—415.