Full text: Generalfeldmarschall Graf Moltke

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Die gnädige Ordre vom 10. d. M. wird in meiner 
Familie als ein unschätzbares Andenken aufbewahrt werden, 
und in unwandelbarer Treue und tiefster Ehrfurcht verharre ich 
Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät 
allerunterthänigsier Diener 
Gr. Moltke, 
Feldmarschall. 
Ein Berichterstatter der „B. N. N." teilt im Jahre 1888 
folgende Erinnerungen aus dem Leben Moltkes mit: 
Fürst Bismarck hielt am 6. Februar 1888 seine große 
Rede für die neueste Militärvorlage. Nach der ersten Stunde 
war es unverkennbar, wie außerordentlich die ängstliche Sorg¬ 
falt, mit der jedes Wort abgewogen wurde, bevor es über 
die Lippen kam, den Reichskanzler anstrengte und abspannte. 
In immer kürzeren Zwischenpausen leerte er das mit einer 
Mischung von Selters- und Biliner Wasser und Wein ge¬ 
füllte Glas, das ihm der hinter ihm stehende Sohn Herbert 
immer wieder erneuerte; wiederholt machte er darauf aufmerk¬ 
sam, daß nicht genug Kohlensäure im Glase sei; je größer 
die Anstrengung und die Müdigkeit wurde, desto schwieriger 
schien es, das Getränk zu mischen. Ein unverkennbarer Be¬ 
weis der körperlichen Abgespanntheit. Für einen Augenblick 
schweifte mein Auge vom sprechenden Kanzler hinweg übers 
Haus, und fast starr blieb es sofort auf einer Gestalt auf 
der ersten Bank unmittelbar vor dem Bundesrat haften. In 
sich zurückgekehrt, die Augen nach innen gewandt, regungslos 
wie ein Marmorbild, saß da, von allen aufmerksamen Zu¬ 
hörern des Kanzlers der aufmerksamste, Feldmarschall Moltke. 
Uni) von dem still in sich versunkenen greisen Marschall 
schweifte der Blick nach oben und traf das jugendfrische Ge¬ 
sicht des mit lebhafter Teilnahme den Worten des Kanzlers 
lauschenden Prinzen Wilhelm. Ja, das war ein Bild, welches 
dem, der es geschaut hat, unverloren sein wird fürs ganze 
Leben — Deutschlands Geschichte, Deutschlands Zukunft! 
Seidel, Generalfeldmarschall Graf Moltke. 5
	        
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