Full text: Generalfeldmarschall Graf Moltke

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In veränderter Situation sah ich in einem andern Raume, 
im Weißen Saale des königlichen Schlosses, die drei am 
25. Juni wieder, den Redner vom 6. Februar und seine 
beiden aufmerksamen Zuhörer, Moltke und Kaiser Wil¬ 
helm II. Fürst Bismarck in strahlender Kürassierunform 
überreichte mit tiefer Verbeugung dem jugendlichen Monarchen 
die Thronrede. Stramm und aufrecht, den schweren Samt¬ 
mantel der Ritter vom hohen Orden des Schwarzen Adlers 
umgelegt und den Helm in der Hand, stand Moltke wahrend 
der Vorlesung der Thronrede neben dem Throne. So hatte 
ich die beiden Paladine im Februar 1867, als der erste 
Reichstag des Norddeutschen Bundes eröffnet wurde, unter¬ 
halb des Thrones gesehen, den König Wilhelm I. als Ober¬ 
haupt des Bundes einnahm, so im März 1871, als der 
erste deutsche Reichstag eröffnet wurde und König Wilhelm 
zum erstenmal als Kaiser im Weißen Saale erschien. Jetzt 
umgaben sie den Enkel — Deutschlands Geschichte, Deutsch¬ 
lands Zukunft! 
Im März 1871 stand rechts vom Kaiser, der die höchste 
Stufe des Thrones einnahm, auf der mittleren Stufe der 
Kronprinz Friedrich Wilhelm! Auf derselben Stufe, rechts 
hinter dem Thron, stand der alte Wrangel mit dem Reichs¬ 
banner, links hinter dem Thron Moltke mit dem Schwerte! 
Die Stelle des Kronprinzen war am 25. Juni d. I. leer, 
an Wrangels Platz stand Graf v. Blumenthal mit dem Reichs¬ 
panier, an Moltkes Stelle General v. Meerscheidt-Hüllessem 
mit dem Reichsschwert. 
Schwerlich war es wohl allein der Unterschied der Jahre 
von 1871 bis 1888, der dem greisen Strategen die Bürde 
des Reichsschwerts abgenommen. Er könnte sie trotz seiner 
88 Jahre noch rüstig tragen. Moltke hat alle Anstrengungen, 
welche bei dem Tode und dem Leichenbegängnisse Kaiser 
Friedrichs, sowie bei der Reichstags- und Landtags-Eröff¬ 
nung an ihn herantraten, mit bewundernswerter Kraft
	        
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