Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

464 Gratius — 
M. Gratidius und von dem Bruder des C Ma¬ 
rius an Kindesstalt angenommen. 86 war er 
Praetor. Er wurde von Sulla geächtet und von 
Catilina ermordet. Cie. Brut. 45. off. 3, 16. 
Gratius, mit dem Beinamen Faliscus, der 
seine Heimat Falerii bezeichnen soll, ist ein Zeit¬ 
genosse des Ovid, der seiner {ex Pont. 4, 16, 34.) 
mit Anerkennung gedenkt. Von seinen Lebens¬ 
umständen wissen wir nichts; daß er kein Sklave 
gewesen, ergibt sich ans einer Stelle des seinen 
Namen tragenden Gedichts über die Jagd, Cyne¬ 
getica. Sprache nnd Ton desselben tragen die 
unverkennbarsten Zeichen des augusteischen Zeit¬ 
alters. Es umsaßt 536, gegen den Schluß ver¬ 
stümmelte, Hexameter. Dieses Gedicht bildete mit 
Ovidii Halieutica und Nemesiani Cynegetica 
Eine Sammlung und empfiehlt sich durch einfache 
Anlage, angemessenen Ton, kräftigen und kernigen 
Ausdruck, durch eine reiche und edle, von aller 
Affectation entfernte Sprache, durch h-armouischen 
Versbau, durch originelle Auffassung und Be¬ 
handlung des Stoffes. Daß er noch ein verlore¬ 
nes Gedicht de aucupio geschrieben habe, wird 
vermuthet. Ansgg. von Stern (mit Nemesianns, 
1832) uud von Haupt (mit Ovids Halieutica und 
Nemesianus, 1838). 
Graviscae, uralte etrurische Stadt im Gebiet 
von Tarquinii, in den Maremmen, seit 183 v. C. 
röm. Kolonie, bekannt durch ihren guten Wein, 
aber ebenso durch die feuchte Lust (gravis aer), 
woher nach Cato der Name. Liv. 40, 29. Hin. 14, 8. 
Griphi, yptqpot, eigentlich „Netze", bedeutete 
besonders in der späteren griech. Zeit der Alexan¬ 
driner metaphorisch eine schwierige Art von Räth¬ 
seln in Poesie und Prosa, bei deren Lösung der 
Scharfsinn besonders in Anspruch genommen wnrde; 
dadurch eben scheinen sie sich von den aivCyn-ata 
zu unterscheiden. Athenaios führt viele Griphen 
an. Sie haben Ähnlichkeit mit den französischen 
Calembonrgs. Als Beispiele mögen dienert: "Ex- 
toqcc xov IJqlcc^ov diouridrjs smccvev ttvrjp, dieser 
JiofirjSrje ist natürlich Achill, „der vom Zens Be¬ 
rathene". Oder anch der von Platon angeführte 
Griphos des Klearchos: Ein Mann, der zugleich 
keilt Mann war, sah einen Vogel, der kein Vogel 
war, auf einem Holz, das kein Holz war, sitzen 
nnd tödtete ihn mit einem Stein, der kein Stein 
war, d. i.: Ein Verschnittener sah eine Fledermaus 
auf einer Narthexstande sitzen nnd tödtete sie durch 
einen Bimsteinwurf. 
Groma, das kunstlose, bei der Vermessung die¬ 
nende Instrument, wol eine latinisirte Form für 
yvcüfia iu dem Sinne von yvwpcov, norma, dem 
rechtwinklichten Maßstabe. Es waren zwei kreuz¬ 
weise iu rechtem Winkel zusammengefügte Arme, 
an deren Enden dünne, durch Gewichte beschwerte, 
Fäden dergestalt angebracht waren, daß der Feld¬ 
messer von einem Faden znm andern visirend die 
Richtung, in welcher die Meßstangen aufzustecken 
waren, genau bestimmen konnte. Das Kreuz war 
aus einem Gestelle (ferramentum) drehbar. Bei 
den Römern wurde ursprünglich (erst später gab 
es eigene agrimensores) keine Stadt, kein Tempel 
gegründet, kein Acker vertheilt uud kein Lager 
abgesteckt, ohne daß die Vermessung unter Leitung 
des Augurs vor sich ging, vgl. Castra, 2. Dabei 
gab es jedoch nach den verschiedenen römischen 
Völkerelementen auch verschiedene Ritus, die aber 
Gryphus. 
als solche eben nur äußerliche Verschiedenheiten, 
z. B. iu der Stellung des Augurs nach Osten 
(sabinischer Ritus), nach Süden (etruskische Sitte), 
in der Benennung der mit dem Pfluge zu ziehen¬ 
den Linien u. s. w. enthielten, im wesentlichen aber 
auf Eins hinauskamen. Nach beiden, sowohl dem 
sabinischen als etruskischen Ritus, wurden 2'Li¬ 
nien: decumanus limes von W. nach O. (auch 
prorsus limes im Verhältniß zu der Stellung 
des sabinischen Augurs genannt) und der cardo 
oder transversus von N. nach S. gezogen; der 
Durchschnittspunct beider hieß mundus. Noch 
verschieden von den beiden genannten Vermessun¬ 
gen- war die latinisch - griechische, die bei einem 
viereckigen Pomörium (weshalb das anfängliche 
Rom auf dem palatinischen Berge auch Roma, 
quadrata hieß, Dion. Hai. 1, 88. 2, 65.) den 
decumanus von N. nach S. und den cardo von 
0. nach W. bezeichnete und den oben erwähnten 
mundus als Durchschnittspunct groma oder 
gruma nannte. Erst mit dem Falle der Freiheit 
erlangte die gromatische Kunst eine Bedeutung 
als selbständige Profession. In Augustus' Zeit fallen 
die ersten Anfänge der hier einschlagenden Litte¬ 
ratur; der erste uns erhaltene Schriftsteller ist 
Frontinus aus der Zeit des Diocletian, der 
ausschließlich die juristische Seite der Gromatik 
behandelt; nur wenig später ist Hyginus, dessen 
Werk nur zum kleineren Theile erhalten ist, und 
Balbus. Daran schließt sich das Buch des Si- 
eulus Flaccus de conditionibus agrorum. 
Baibus, eilt Officier unter Trajau, hat in der 
expositio et ratio omnium formarum die Re¬ 
sultate wissenschaftlicher geometrischer Studien zu¬ 
sammengestellt, wahrscheinlich nach einem griechi¬ 
schen Originale Herons. Auch aus späterer Zeit 
ist Vieles theils mit, theils ohne Namen erhalten. 
Nach Mommsens Vermuthung ist die uns vorlie^ 
gende Sammlung der gromatischen Schriftsteller 
ans dem Bureau des Vicarius der Stadt Rom, 
welcher eine Anzahl Meusoren unter sich hatte, 
im 5. Jahrh, hervorgegangen. Ansgg. der Gro¬ 
matiker von Riganlt (1614), Goes (1674) und 
Lachmanu (1848). 
Grumentnm, eine im zweiten puuischeu Kriege 
öfter genannte (z. B. Liv. 23, 37. 27, 41.) be¬ 
deutende Stadt im Innern Lncaniens, am Zu¬ 
sammenfluß des Sora und Aciris, j. il Palazzo. 
Strab. 6, 254. 
Gryllos, rgvXlos, l) der Vater des Geschicht¬ 
schreibers Tenophon; — 2) der Sohn des £., wel¬ 
cher tapfer kämpfend in dem Hülfsheere der Athe¬ 
ner bei Mantineia fiel; die Athener nahmen für 
ihn sogar den Ruhm in Anspruch, den Epamei- 
nondas tödtlich verwundet zu haben. Paus. 8, 
9, 5. 10, 8, 11. 
Gryiiia ober Grynium, Fq-vv^idc, Fqvvlov, feste 
Hafenstadt iu Mysien (Aiolis), 50 Stabten südlich 
von Elaia, am elastischen Busen, bekannt burch 
einen Tempel unb ein berühmtes Orakel bes 
Apollon, sowie burch bie Erstürmung burch Par- 
menion, ber bie Bewohner als Sklaven verkaufte. 
Hdt. 1, 149. Diod. Sic. 17, 7. Xen. Hell. 3, 
1, 6. Wahrscheinlich ist basselbe castrum Gry- 
niurn, welches Phamabazos von seiner Satrapie 
(Phrygien) bem Alktbtabes schenkte mit einem Er¬ 
trage von 50 Talenten. Nep. Alcib. 9. 
Gryphus, Gryps, -pliis, F^vip, -nog, der
	        
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