Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

Messenische Kriege. 733 
aus einem Sumpfsee. Er nimmt die Balyra 
(j. Mavrozumenos) nebst der in diese fallenden 
Elektra, Koios, Charadros, Aniphitos, Leukasia 
auf, sowie näher an der Mündung den Aris 
(Fluß von Pidama). Das Meer bildet an der 
Südküste den MeaorjviuKos v-ölnoq (Meerbusen 
von Koron), auch koronanscher oder asinanscher 
Busen genannt; an der Westküste den berühmten 
Hafen von Pylos (Rhede von Navanno), dessen 
nördlicher schmaler Zugang (Passage von Sikia) 
durch die vorliegende Insel Sphakteria verengt 
ist. Etwas nördlicher liegt der kleine Hafen 
RovcpQoig. Thue. 4, 118. — Das Klima ist im 
ganzen angenehm, besonders im Gebirge; in den 
innern Ebenen ist die Hitze oft drückend. Wenn 
in Arkadien noch Winter, in Lakonien Frühling 
ist, hat Messenien schon Sommer. Unter den 
Produeten war besonders der messenische Wein 
bekannt. — Als älteste Bewohner werden die 
Leleger genannt, mit denen sich Argeier früh ver¬ 
mischten. Dann kanten Aioler, endlich Dorer 
ins Land. Zu Homers Zeiten bildete die West¬ 
hälfte Nestors Reich, die Osthälfte gehörte zu 
Lakonien. Die Kriege mit Sparta, besonders der 
zweite (685—668), schwächten das Land und brach¬ 
ten es unter Botmäßigkeit der Lakedaimonier, 
welchen es erst Evameinondas seit der lenktrischen 
Schlacht (371) wieder entriß. Das Land blieb 
aber auch in der Folge nur dürftig bevölkert. — 
Ortschaften 1) am messenischen Busen: Abia, 
angeblich Homers ’Iqyi oder ’lgr] (II. 9, 150.), 
Pherai, j. Kalamata, an der Mündung des Ne- 
dou, Korone, j. Petalidi, am Fuße der MatHia, 
zugleich mit Messene erbaut; As ine, j. Koron, 
Kolo nides. 2) Am ionischen Meere: Phoini- 
küs, mit gleichnamigem Hasen, Methone oder 
Mothone, j. Modon, Pylos, j. Palaiokastro, 
auf der schroffen Höhe einer Halbinsel, die Stadt 
Nestors, im peloponnesischen Kriege (425) von 
den Athenern befestigt, mit trefflichem, durch die 
vorliegende Insel Sphakteria oder SpHagia 
gedecktem Hafen; Kyparissia, j. Arkadia, mit 
der schönen Quelle Dionysias, am Meerbusen 
gleichen Namens; Aulen, Stadt und Thalschlucht 
auf der ele'ifchen Grenze. 3) Im Innern: An¬ 
bau i a (Ruinen „Helleniko" bei Tripha), Resibenz 
ber alten Letegerfönige unb Heimath bes Aristo- 
menes; Stenyklaros, Resibenz ber borischen 
Könige, in ber Ebene gleiches Namens, schon im 
ersten messenischen Kriege untergegangen; Mes¬ 
sene, bie auf (Spanteinonbas’ Betrieb 369 ange¬ 
legte Hauptstadt am Südabhange des Berges 
Ithome (Vurkano), s. d., mit höchst bedeutenden 
Ruinen, 47 Stadien im Umfang; auf dem Berge 
stand die Feste Ithome, nächst Akrokorinth das 
zweite Horn (xegas) des Peloponnes, 743—724 
von den Spartanern belagert; Ampheia am 
Amphitos, bekannt wegen des Raubes spartani¬ 
scher Jungfraueu durch messenische Jünglinge, der 
Veranlassung zum ersten messenischen Kriege; 
Limnai, sumpsige Gegend an den Quellen des 
Pamisos, auch DentheleLtis genannt, mit be¬ 
rühmtem Artemistempel; Eira, verschieden von 
dem homerischen Jra, in der N.-O.-Ecke, im 
zweiten messenischen Kriege zehn Jahre von den 
Spartanern belagert; Oichalia, in ungewisser 
Lage. Vgl. Eurtius, Peloponnesos II, 121 ff. 
Bursian, Geogr. von Griechenland II, 155 ff. 
Messenische Kriege. Die hauptsächlichste 
Quelle derselben ist für uns Pausanias (4. SBnch), 
der aber seine Nachrichten nicht sowol, wie Manso 
in seinem „Sparta" meint, aus alten Helden¬ 
gedichten, als vielmehr, wie K. O. Müller gezeigt, 
ans den später mit den Nenmesseniern eingedrun¬ 
genen Volkssagen, die von dem Dichter Rhianos 
im 3. Jahrh. v. C. bearbeitet wurden, geschöpft 
hat. — Erster messenischer Krieg (743 — 24). 
Die sagenhafte Veranlassung desselben ist folgende: 
Spartanische Jungsrauen waren zu einem ben 
Messeniern unb Lakebaimoniern gemeinschaftlich 
gehörenben Artemistempel gekommen, würben aber 
bort von messenischen Jünglingen geraubt, unb 
als ber spartanische König Teleklos sie znrück- 
sorberte, würbe berfelbe von ihnen erschlagen. Es 
war aber berselbe König, der Amyklai den Achaicrn 
abgenommen hatte und damit den Grund zu fer¬ 
neren Grenzstreitigkeiten nach Messenien Hin legte. 
Bald daraus wurden dem Messenier Polychares 
seine Heerden veruntreut und sein dieselben be¬ 
wachender Sohn von bem Lakebaimonier Enaiphnos 
ermorbet; ber Rath zu Sparta aber verweigerte 
bemselbeu bie geforderte Genugthuung. Da nahm 
Polychares an allen Spartanern, bie ihm auf- 
stießen, blutige Rache; als aber dafür seine Aus¬ 
lieferung gefordert ward, wurde diese von den 
Messeniern verweigert. So begann denn der Krieg 
mit einem plötzlichen nächtlichen Uebersall der 
Spartaner über die Grenzstadt Ampheia, deren 
Einwohner größtenteils niedergemacht wurden. 
Sobald die Mesfenier sich Hinreichend in den 
Waffen geübt Hatten, machten sie Streiszüge in 
das lakonische Gebiet und boten zuletzt den Spar¬ 
tanern eine Feldschlacht an, die aber unentschieden 
blieb. Im ganzen jedoch waren, die Messenier im 
Nachtheile; deshalb verließen sie ihre offenen 
Städte und befestigten sich in Ithome (f. d). Das 
delphische Orakel, welches sie um den Ausgang 
befragten, verhieß den Sieg, wenn eine Jungfrau 
aus königlichem Geschlechte geopfert würde. Zn 
diesem Zwecke bot Aristodemos (s. d., 2.) frei¬ 
willig feine eigene Tochter dar und tödtete sie, 
als ihr angeblicher Verlobter sich widersetzen 
wollte, mit eigener Hand. Als er hieraus König 
geworden war, besiegte er mit Hülse der Argiver, 
Arkader und Sikyonier die Spartaner, die dadurch 
anfänglich sehr entmuthigt wurden. Später aber 
wußten sie sich durch List einen andern Orakel¬ 
spruch zu verschaffen, der zu ihren Gunsten lau¬ 
tete. Als in Folge dessen Aristodemos sich selbst 
das Leben genommen hatte, wurde Ithome von 
den Feinden erobert; aber viele Messenier ent¬ 
kamen nach Argos und Arkadien, die Zurückblei¬ 
benden wurden unterworfen und traten in das 
Perioikenverhältniß, in Folge dessen sie die Hälfte 
des jährlichen Ertrages abliefern mußten. Ein 
Theil ist vielleicht über das Meer hin ausgewan¬ 
dert; doch ist die Erzählung von den mit Hohn 
so genannten Pcrthenieru oder Jungfernsöhnen, 
die sich mit den Heloten verschworen, aber ver¬ 
rathen worden sein sollen und angeblich nach 
Tarent und Rhegion hinüberslüchteten, völlig ro¬ 
manhaft. In der Zwischenzeit vor dem Wieber- 
ausbruche bes Kriegs kämpften bie Spartaner nur 
noch mit Argos unb Kynuria; im übrigen herrschte 
allgemeiner Friebe im Peloponnes. — Aber nach 
einer 39jährigen Waffenruhe brach im I. 685 bet
	        
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