Fürsten. Gefolge. Adel.
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Fall. Da sie nun bie Mehrzahl ber Bevölkerung ausmachten, so
läßt sich bie germanische Urzeit als Zeit ber Gemeinfreiheit bezeich¬
nen. Ragten einzelne Freie burch besonbere Thaten im Kriege ober
bei ber Jagb hervor, bann erhielten sie einen größeren Anteil am
Besitze unb genossen größeres Ansehen. So entwickelte sich nach unb
nach eine gesellschaftliche Schichtung: Vornehme, Fürsten (= Vor¬
berste) heben sich aus ben bie Grunblage ber Gesellschaft bilbcnben
Freien heraus. Näher kann ihre Stellung aber nicht bezeichnet
werben. Jebenfalls beruhte ihr höherer Rang wesentlich auf ber
Schätzung burch bie freien Volksgenossen. Allmählich warb ihr An¬
sehen erblich. Denn aus ben Sohn eines Fürsten ging auch ber
größere Besitz bes Vaters über. Damit hing noch eine anbere Sitte
zusammen. Wegen seiner heroorragenben gesellschaftlichen Stellung
schlossen sich betn Fürsten manche kriegslustige Jünglinge an, lebten
mit ihm zusammen, gelobten ihm Treue unb zogen namentlich mit
ihm in ben Krieg. Sie bitbeten sein Gefolge, unb barin sinben wir
bie eigentümlichste soziale Erscheinung ber germanischen Urzeit (ähn¬
lichen Sitten begegnen wir allerbings bei Kelten unb Slaven). Die
Treue, bie unseren Vorfahren nachgerühmt wirb, zeitigte offenbar
gerabe in ber Gefolgschaft ihre schönste Blüte.
Da nun bas Gefolge eines Fürsten samt betn Grunbbesitze
aus ben Sohn überging, auch wenn er nicht burch besonbere Vor¬
züge ausgezeichnet war, so konnte sich ein Abel (mit ocl = Grunb-
besitz hängt bas Wort zusammen) ausbilben. Er machte zwar keinen
geschlossenen Geburtsstanb mit bestimmten Vorrechten aus, erfreute
sich aber eines großen Ansehens. Bei ben verschobenen Völker¬
schaften erfolgte biese Entwicklung inbes in sehr verschobener Weise,
unb groß war überhaupt bie Zahl solcher Vornehmen nicht. Im
Westen, wo bie Bilbung burch ben Einfluß ber Römer auf höherer
Stufe stanb, gelang es ben einzelnen nicht so leicht, eine herrschenbe
Stellung über ben Gemeinfreien zu gewinnen; im Osten bagegen,
Gefolge.
Adel.