Full text: Kurze Geschichte von Hessen

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strenger Gefangenschaft gehalten wurde, ans der ihn treue Hessen 
vergeblich zu befreien sich bemühten. Die Festuugen Kassel, Gießen 
und Rüsselsheim wurden geschleift und 200 Kanonen weggeschafft. 
Ein schönes Beispiel von Treue gab der tapfere Heinz von Lüder 
dem die Festung Ziegenhain anvertraut war. Vergebens berief sich der 
kaiserliche Kommissär auf den Vertrag zu Halle, wonach der Landgraf ver¬ 
sprochen habe, alle seine Festungen dem Kaiser zu übergeben. Unerschütter¬ 
lich erklärte der wackere Vertheidiger: „Als freier Reichsfürst hat mein 
Herr mir diese Festung übergeben nnd nur meinem freien Herrn will ich 
sie wieder abliefern!" 
Der Kaiser verlangte später, daß dieser ungehorsame Vasall in Ketten 
aufgehängt werde. Der Landgraf führte diesen Befehl des Kaisers wört¬ 
lich aus, indem er den treuen Heinz am Thor zu Ziegenhain mit einer 
goldenen Kette einen Augenblick aufheben ließ und ihm dieselbe sodann als 
Zeichen seiner Dankbarkeit schenkte. 
n) Der schmalkaldische Bund war mit der Gefangennahme 
seiner Häupter gelöst, nur die wohlbefestigte Stadt Magdeburg 
trotzte den: Kaiser. Dafür wurde die Reichsacht über sie verhäugt 
und der nene Kurfürst Moritz von Sachsen mit deren Vollstreckung 
beauftragt. 
Als aber trotz wiederholter Vorstellungen desselben der Kai¬ 
ser seinen Schwiegervater nicht freigab, ja, nach einem mißglückten 
Fluchtversuch denselben nur noch härter halten ließ, es auch den An¬ 
schein gewann, als strebe der Kaiser darnach die Macht der Für¬ 
sten gänzlich zu brechen, da verband sich Moritz insgeheim mit 
verschiedenen deutschen Fürsten, namentlich mit seinem Schwager 
Wilhelm, welcher während der Gefangenschaft seines Vaters Heffen 
regierte, sowie mit Heinrich II. von Frankreich, um den Kaiser, 
der damals mit geringer Trnppenmacht zu Juusbruck lag, zur 
Nachgiebigkeit zu zwingen. Obgleich man den Kaiser vor Moritz 
gewarnt hatte, so hielt er es doch nicht für möglich, daß ihn ein 
Deutscher überlisten könne. Plötzlich zogen 3 Heerhaufen nach öii= 
den, besetzten Augsburg uud rückten in Tirol ein. Nur eiue Meu¬ 
terei unter den Landsknechten, welche für die Erstürmung der Eh¬ 
renbürger Klanse einen Extrafold verlangten, hinderte die Gefan¬ 
gennahme des Kaisers. Ferdinand, des Kaisers Bruder, übernahm 
die Vermittelung, welche zum Passauer Vertrag (1552) führte, der 
den gefangenen Fürsten ihre Freiheit brachte. Der Augsburger 
Religioussriede (1555) gewährte den Bekennern der Angsbnrgischen 
Consession unbedingte Religionsfreiheit. 
o) Grau von Sorgen und durch die lange, ungewohnte Haft 
alt und mürbe geworden, kehrte Landgraf Philipp in sein gelieb¬ 
tes Hessenland zurück, das deu Märtyrer des evangelischen Glau¬ 
bens jnbelnd empfing. Nach langen furchtbaren Kämpfen nnd
	        
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