Full text: Bilder aus der Kulturgeschichte unseres sächsischen Vaterlandes

Es ist also nicht verwunderlich, daß die Bauern in ihrer 
Not auf Gedanken der Selbsthilfe kamen. Waren sie doch 
auch überzeugt, daß das Militär, welches aus Landeskindern 
bestand, die meist selbst Bauern gewesen, im Ernstfall auf ihrer 
Seite stehe. Vom Kurfürsten, dessen Milde und Nachsicht sie 
ja kannten, nahmen sie an, er wisse nichts von ihrer schlimmen 
Lage und halte gar heimlich zu ihnen. Auch blieb die Lektüre 
der „Baueruzeitung", die eifrig gelesen und in der Schenke 
besprochen wurde, nicht ohne Einfluß auf die Stimmung der 
Bedrückten. Brachte dieses Blatt doch Nachrichten über die 
Revolution in Frankreich, wo man einen geizigen Kornjuden 
an einem Laternenpfahl aufgehängt hatte, weil er bei dem 
allgemeinen Mangel seine Getreideböden verschlossen und das 
notleidende Volk verhöhnt hatte. Außerdem gab es Leute, 
die das glimmende Feuer geflissentlich schürten. 
Die Getreideernte war noch nicht ganz beendet, als im 
August 1790 die Unruhen offen zum Ausbruch kamen. Die 
Bauern von Petzschwitz und Schleinitz bei Oschatz, Untertanen 
des Herrn von Zehmen auf Schleinitz, waren wegen großer 
Härte ihrer Herrschaft am meisten aufgebracht und hatten 
über alle ihre Beschwerden eine Denkschrift aufgesetzt, die sie 
durch Abgeordnete dem Kurfürsten in Dresden überreichen 
ließen. Sie warteten aber die Entscheidung des Landesherrn 
nicht ab, sondern weigerten sich, die ihnen abgeforderten Hand- 
und Spanndienste zu leisten, während die Insassen der be¬ 
nachbarten Gemeinden Churschütz, Poititz und Krepta den 
Rittergutsschäfer samt seiner Herde von ihren Fluren jagten. 
Die ganze Umgebung schloß sich dem Vorgehen der genannten 
Dörfer an. Das weite Gebiet zwischen Lommatzsch, Riesa, 
Großenhain, Meißen, Wilsdruff, Noffen, Roßwein, Döbeln, 
Mügeln und Dahlen stand infolge der vorzüglichen Ver¬ 
bindungen der Bauern in kurzer Zeit in hellem Aufruhr. 
Auch bei Freiberg, Rochlitz und Chemnitz und in den Schön- 
burgifchen Rezeßherrschaften Rochsburg und Wechselburg er¬ 
hoben sich die Untertanen gegen ihre Gutsherren. Wer sich 
der Bewegung fernhalten wollte, wurde durch Drohungen 
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