Full text: Aus der deutschen, besonders brandenburg-preußischen Geschichte vom Anfange des 16. Jahrhunderts bis zur Auflösung des römisch-deutschen Reiches (Teil 2)

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ausschlagen könne: er für seine Person werde jedenfalls die christliche 
Wahrheit nicht verleugnen, da ihn sonst Christus verleugnen müsse vor 
seinem himmlischen Vater. 
Der Dffizial, seiner Instruktion gemäß, erwiderte darauf klugerweise: 
„Martin, wenn Deine falschen Meinungen und Ketzereien neu und von Dir 
erfunden wären, so würde Kaiserliche Majestät vielleicht beim heiligen 
Vater darum einkommen, daß Se. Heiligkeit dieselben durch fromme und 
gelehrte Männer prüfen ließe, damit Dir kein Unrecht geschähe. Rber 
Deine Irrlehren sind die der alten Ketzer, der Waldenser, Bergharden, 
Kdamiten, der Rrmert von Lyon, des wicleff und hus, die längst durch die 
heiligen Konzilien, die Päpste und das kirchliche herkommen verdammt sind 
und deshalb nicht mehr gegen göttliches und menschliches Gesetz erörtert 
und in Zweifel gezogen werden dürfen." Daran knüpfte der Dffizial eine 
Frage, welche die deutsche Nation ganz besonders bewegt, ob er nicht wider¬ 
rufen wolle, was er gegen das heilige Konstanzer Konzil, das beschickt war 
von allen Nationen und anerkannt von aller Welt, geschrieben habe. (Er 
verneinte und wollte den Konzilsbeschlüssen nur soweit beipflichten, als sie 
sich auf die Rutorität der Bibel gründen, denn es finde sich, daß die Konzilien 
geirrt und eins dem andern widersprochen hätten. Der Offizial begann in 
Rbrede zu stellen, daß die Konzilien in Glaubensfragen nicht überein¬ 
stimmten, da aber erklärte der Kaiser, es sei genug, er wolle nichts mehr 
hören, da dieser öie Konzilien verworfen habe. Und so trat Luther ab, ge¬ 
leitet von aller Welt und besonders von vielen sächsischen Edelleuten aus 
der Umgebung des Kurfürsten, und als Martin den Saal verlassen hatte, 
reckt er die Hand in die höhe, wie die deutschen Landsknechte pflegen, wenn 
sie im Kampfspiele über einen wohlgelungenen hieb frohlocken. 
Rls wir heute morgen zum Kaiser gingen, waren die Kurfürsten 
und viele andere Fürsten zu ihm beschießen, um sich darüber zu erklären, 
rvas nun weiter in Sachen Martins ihrer Meinung nach zu geschehen habe ; 
als sie nun zu reiflicher Überlegung Hufschub verlangten, antwortete der 
Kaiser: „Gut, ich will Luch aber zuerst meine Ansicht eröffnen." Und nun 
ließ er die von ihm eigenhändig in französischer Sprache niedergeschriebene 
Erklärung verlesen, etwa eine Seite lang, und dieselbe auch in deutscher 
Übersetzung. Bei der Verlesung in Gegenwart des Kaisers und auch des 
Kurfürsten von Sachsen wurden viele der Fürsten bleich wie der Tod, den 
Grund werden Tw. Herrlichkeit aus der Meinungsäußerung des Kaisers 
entnehmen, die er seinem Gesandten übermittelt, damit dieser, wie fich’s 
gebührt, die gute Nachricht Sr. Heiligkeit und dem Kardinalskollegium an¬ 
zeige. Ruch wird man seine Sentenz in lateinischer, italienischer, deutscher, 
spanischer, französischer und flämischer Sprache drucken lassen und in der 
ganzen Christenheit verbreiten, damit man die hochherzige und streng kirch¬ 
liche Haltung Sr. Majestät des Kaisers in so bedenklicher Frage kennen 
lerne, der seinen willen offen kundgegeben hat in einem Zeitpunkt und 
unter Verhältnissen, da alle Welt hier urteilte, der Kaiser müsse fein säuber¬ 
lich umgehen mit diesen Fürsten, wenn er bei ihnen für seine Unternehmungen 
Entgegenkommen finden wolle. Rber Gott hat immer den frommen Sinn 
dieses allerchristlichsten und wahrhaft katholischen Fürsten gestärkt, der 
uns immer ein seiner würdiges, Gott und dem Papste wohlgefälliges ver¬ 
gehen in Russicht stellte und nun soviel getan hat, daß wir selbst mit 
Nickol, Bilder und Geschichten. II. o
	        
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