18.
Telegramm des Großherzogs Karl Alexander von
Sachsen-lveimar an Minister Stichling.
(7. Dezember 1870).x)
Zum geschäftlichen Abschluß der Kaiserfrage wird, nach¬
dem nunmehr die zustimmenden Erklärungen der meisten
aller Zürsten vorliegen, eine verfassungsmäßige Beschluß-
nahme des Norddeutschen Bundesrats und Reichstags un¬
entbehrlich sein. Oer bayrischen Anregung in Süddeutsch¬
land entsprechend wird in Norddeutschland die Anregung
im Bundesrate gegeben werden müssen. Ich beauftrage
Sie hiermit, im Bundesrat den betreffenden Antrag nach
Rücksprache mit ihren Kollegen, jedenfalls aber rechtzeitig
zu stellen. darl Alexander.
19.
Aus den Aufzeichnungen des Ministers Stichling.
Die Aufgabe (die der Auftrag des Großherzogs dem
Minister stellte) war insofern eine schwierige, als schlechter¬
dings die Zeit nicht gegeben war, alle Paragraphen einzeln
durchzugehen, welche der Abänderung nach „Kaiser" und
„Reich" bedurften, und die Sassung, in welcher sie zu ändern
waren, wörtlich festzustellen, ebensowenig als Zeit genug
da war, im Reichstage alle diese einzelnen Paragraphen
in ihrer neuen Zassung speziell festzustellen. Ich sah daher
feine andere Möglichkeit, als zu der allgemeinen Er¬
mächtigung zu greifen, wie sie mein Antrag enthält.
(Eben hatte ich in größter (Eile den letzten Zederstrich
getan, als die Reichstagssitzung beendigt war und Minister
Delbrück, begleitet vom Präsidenten des Gberhandels-
gerichts, Herrn Pape, ins Zimmer trat. Ich las beiden
meinen Antrag vor, und es entspann sich über denselben
eine Debatte. Aus derselben gingen folgende Resultate
hervor:
Präsident Pape hatte gewünscht, daß die (Einleitung
und Art. 11, welche besonders vom Bunde und vom Bundes-
*) Dieses unö das folgende Stück aus: ©. Lorenz, Kaiser
Wilhelm unö öie Begrünöung öes Deutschen Reichs, 5. 429, 430 f.
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