Full text: Mittelalter (und Neuzeit bis 1648) (2)

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die Übung war nicht zu rechter Zeit und zu spät begonnen, als daß sie 
genügenden Fortgang gehabt hätte. 
Zur Erziehung seiner Kinder hielt er es sür das beste, daß die 
Knaben wie die Mädchen zunächst in den Wissenschaften unterrichtet würden, 
mit denen er sich selbst auch beschäftigte. Dann ließ er die Söhne, so¬ 
bald ihre Jahre es erlaubten, nach Frankensitte im Reiten, Waffendienst 
und Jagen üben; die Töchter aber sollten zu Wollarbeiten angehalten 
werden und fleißig mit Rocken und Spindel umgehen lernen, auf daß sie 
nicht vor Untätigkeit verkämen; überhaupt hieß er sie zu jedweder ehr¬ 
baren Tätigkeit erziehen. 
Die christliche Religion, mit der er von Kind auf erfüllt war, pflegte 
er mit hohem Ernst und mit der größten Frömmigkeit. Darum baute er 
die herrliche Kirche in Aachen und schmückte sie mit Gold und Silber und 
mit Leuchtern sowie Gittern und Türen aus festem Erz. Da er zu 
ihrem Bau Säulen und Marmor anderswo nicht beschaffen konnte, ließ er 
solche Dinge von Rom und Ravenna kommen. 
15. Aus dem Briefwechsel Karls d. Gr. 
1. Schreiben Karls an den König Offa von Mercia. 796. 
(Alcuini Epist. 57; bei Blume I. S. 407.) 
Was die Pilger anlangt, die aus Liebe zu Gott und um des Heiles 
ihrer Seele willen die Schwellen der heiligen Apostel zu besuchen wünschen, 
so gewähren wir ihnen, was wir früher gewährt. In Frieden und ohne 
jede Störung mögen sie ihre Straße ziehen und das Nötige mit sich 
führen. Aber wir haben erfahren, daß einige sich trügerisch unter die 
Pilger mischen der Handelschaft wegen, Gewinn suchend, nicht um der 
Religion zu dienen. Werden solche unter jenen angetroffen, so müssen sie 
an den dazu bestimmten Orten ihren gesetzlichen Zoll erlegen. Auch 
Über die Handelsleute schreibst Du uns. Wir haben unsern Willen da¬ 
hin ausgedrückt, daß sie unserm Befehle gemäß Schutz und Schirm ge¬ 
nießen in unserm Reiche, wie es das alte Gewohnheitsrecht inbetreff des 
Handels vorschreibt. Sollten sie irgendwo ungesetzliche Behandlung er¬ 
leiden, so sollen sie sich auf uns oder unfern Richter berufen, und dann 
wollen wir ihnen volles Recht verschaffen. Ähnlich möge es auch den 
Unsern ergehen; wenn ihnen in Euerm Reiche etwas Unrechtes angetan 
wird, so mögen sie sich auf Euer gerechtes Urteil berufen. 
2. Schreiben Alkuins an Karl. 796 oder 797. 
(Alcuini Epist. 78; bei Blume I. S. 386.) 
— Es fehlen mir zur fchulmäßigen Unterweisung *) zum Teil die 
ausgesuchteren Bücher, welche ich durch den guten und sehr frommen Eifer 
meines Meisters?) oder auch durch meine eigene Bemühung in meinem 
3) In der Klosterschule von Tours. 
2) Tes Erzbischofs Albert von Iork.
	        
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