— 118 —
bleiche Gesichter, in jeder Hütte Kranke und Sterbende. Ringsum aber lag
eine Wüste von unbebauten Äckern und geschwärzten Dorftrümmern.
72. Der westsäliscbe Frieden. 1648.
Ter letzte Zeitlauf des Krieges. Als die Schweden ihres Königs
beraubt waren, verlor sich auch unter ihnen mehr uud mehr die Mannes¬
zucht. Durch Sengen, Brennen und Morden wurden sie eine rechte Zucht¬
rute des Landes, und in den Kirchen betete man: „Aus der Schweden
Not, erlös' uns, lieber Herre Gott!" Außerdem hörte man
jirtgen. Der Schweb' ist gekommen,
Hat alles mitgenommen,
Hat die Fenster eingeschlagen,
Hat's Blei herausgegraben,
Hat Kugeln gegossen
Und die Bauern niedergeschossen.
Auch die Franzosen mischten sich in den Krieg, um die deutschen Rhein¬
lande an sich zu reißen. Für den Glaubeu zu kämpfen, daran dachte man
io eit weniger, als daran, gute Beute zu machen und große Verwüstungen
anzurichten.
Der Westfälische Frieden. Endlich kan: nach vielen Verhandlungen
zu Osnabrück und Münster der „Westfälische Frieden" zustande. Den Luthe-
rauern wurde der Augsburger Religionsfriede mit Ausdehnung auf die Re¬
formierten bestätigt, wonach sie mit den Katholiken gleiche Rechte genießen
und ihre Religion frei ausüben durften. Die Schweden erhielten Vor¬
pommern, die Insel Rügen usw. Brandenburg bekam Hinter¬
pommern mit Kamin, sowie die Stifter Magdeburg, Halberstadt und Minden.
Den Franzosen wurde das von ihnen eroberte Elsaß mit Ausnahme der
Freien Reichsstadt Straßburg, sowie der Bistümer und Herrschaften, zuge¬
standen. Bayern behielt die Oberpfalz (an der Naab> und die Kurwürde.
Tie Pfalz am Rhein mit der Hauptstadt Heidelberg bekam der Sohn
Friedrichs V. von der Pfalz; für diesen wurde eine achte Kurwürde neu
geschaffen. Die Schweiz und die Niederlande, schon längst vom
Teutschen Reich geschieden, wurden als selbständige Staaten anerkannt.
Die deutsche Reichsverfafsung. Beim Friedensschlüsse ward festgesetzt,
daß der Kaiser über Krieg, Frieden, Gesetzgebung, Stenern, Bündnisse,
Befestigungen usw. nur nach einer auf dem Reichstage erfolgten Abstimmung
der Reichsstände verfügen durfte. Den Reichsfürsten aber wurden sämtliche
Hoheitsrechte bestätigt, z. B. Rechtspflege, Besteuerung der Untertanen usw.
Auch ward ihnen gestattet, untereinander und mit fremden Fürsten Bündnisse
zu schließen, freilich nicht gegen Kaiser und Reich. Demnach war das Ansehen
des Reichsoberhauptes wesentlich verringert, und das Reich bildete fortan
einen Bund selbständiger Staaten.
Die Friedensfeier. Als der Frieden abgeschlossen war, hielt das Volk
in jeder Stadt und in jedem nicht ganz zerstörten Dorf eine Festfeier ab:
denn die Friedensbotschaft machte auf die Überreste der Bevölkerung einen
rührenden Eindruck. Den alten Landleuten erschien der Frieden als eine
Rückkehr ihrer Jugend. Vor ihr geistiges Auge trat die weit zurückliegende