Full text: Erdkunde von Baden und Deutschland, Naturgeschichte 1, Tierkunde, Pflanzenkunde, Mineralkunde (Bd. 1)

stände nicht; sie schnitzten allerlei kunstvolle Figuren, Nachbildungen von Pflan¬ 
zen und Tieren, die ebenso vom stillen geduldigen Fleiß als von der Kunstfertig¬ 
keit und scharfen Naturbeobachtung ihrer Verfertiger Zeugnis ablegten. Um 
diesen Zweig der Kunst zu fördern, errichtete der Staat in F u r t w a n g e n 
eine eigene Schule siir die Holzschnitzerei. 
Aus der Verfertigung von Holzwaren und aus der Holzschnitzerei erwuchs 
allmählich der wichtigste Erwerbszweig des Schwarzwaldes, die U h r m a ch e r e i. 
Sie hat den Namen des Schwarzwaldes und seine Bewohner in der ganzen 
Welt bekannt gemacht. Die erste Schwarzwälder Uhr soll vor 200 Jahren in der 
Nähe von St. Peter angefertigt worden sein. Man erzählt, daß ein Schwarzwülder 
Glashändler einem böhmischen Händler eine hölzerne Stundenuhr abkaufte und 
nach Hause brachte. Findige Köpfe ahmten das Kunstwerk nach und legten den 
Grund zu dem heute blühenden Gewerbe. Im Jahre 1730 wurde die Kuckucksuhr 
erfunden und 1768 die erste Uhr mit Glockenspiel hergestellt. Seit 100 Jahren be¬ 
treibt man die Uhrmacherei auch in Fabriken, indem man sich in die Arbeit teilt. 
Die einen schnitzen, lackieren und bemalen Zifferblätter, andere gießen und feilen 
Räder, wieder andere stellen die Räderwerke her. Endlich setzt der Meister die 
Uhr zusammen. Die großen Handelshäuser in Furtwangen, Neustadt und Tri- 
berg versenden jährlich etwa zwei Millionen Wanduhren bis in die fernsten Teile 
der Erde. Hauptsitz der Uhrenindustrie ist der mittlere Schwarzwald, die Gegend 
um Triberg, Neustadt,Lenzkirch und Furtwangen. In Furtwan¬ 
gen befindet sich eine Schule zur Ausbildung von Uhrmachern. Besonders weit 
haben es die erfinderischen Schwarzwälder in der Herstellung von Spieluhren 
gebracht, die ganze Musikstücke mit allen Stimmen eines Orchesters ertönen 
lassen. Solche Werke werden in Villingen, Furtwangen und Freiburg gebaut 
und wandern zu hohen Preisen vornehmlich nach England, Rußland und 
Amerika. 
Ohne den Waldreichtum, die Uhrenindustrie und andere Gewerbe könnte 
der Schwarzwald in Höhen von 800—1000 m nicht so dicht besiedelt werden, wie 
das zwischen Wutach und Kinzig der Fall ist. Der Feldbau lohnt auf den Hoch¬ 
ebenen, wo die Uhrmacherorte liegen, die Arbeit des Landmanns nur spärlich. 
Obst gedeiht in den höheren Lagen gar nicht, und die Kirschen werden erst im 
August reif. Was der Bauer hier auf seinen Äckern pflanzt, reicht oft kaum für 
den eigenen Gebrauch. Kartoffeln, Hafer und Roggen find die einzigen Feld¬ 
früchte, welche noch da oben gedeihen. An manchen Stellen ist die Bodenschicht 
über dem harten Fels so dünn, daß überhaupt nichts angepflanzt werden kann. 
An steilen Hängen wird der Ackergrund bei starken Regengüssen talabwärts ge¬ 
schwemmt und muß im Frühjahr vor der Bestellung in Körben mühsam hin¬ 
aufgetragen werden. Da der Bauer nicht so viel Dung hat, um den Feldern 
reichlich Nahrung zuführen zu können, so läßt er sie teilweise brach liegen und 
benützt sie als Weideseld. Nach einigen Jahren ackert er sie um, verbrennt Gras, 
Gesträuch und Heidekraut, die inzwischen darauf gewachsen sind, und düngt mit 
der Asche wieder den Boden. 
Viel mehr aber als die Felder liebt der Bauer im hohen Schwarzwald seinen 
Wald und seine Wiesen. Im Gebirge fällt viel Regen, überall sprudeln Quellen 
und murmeln Bäche, daher wächst ungemein viel und gutes Gras, und der reiche 
Ertrag an Viehfutter ermöglicht dem Schwarzwälder eine ausgedehnte Viehzucht. 
Nach dem Besitz an Wiesen und Wald schätzt er seinen Wohlstand. Wer einen
	        
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