Full text: Zeit- und Lebensbilder aus der deutschen und sächsischen Geschichte

Kaiser Friedrich III. und Wilhelm II. 
1. Friedrich IIL Kaiser Friedrich, der ritterliche Held von Königgrätz, 
Weißenburg und Wörth, der Liebling des Volkes und Heeres, war leider 
schon todkrank, als ihm die Regierung des Deutschen Reiches zufiel. In dem 
milden Italien weilte er, um Heilung zu finden, als ihn die Kunde von dem 
Ableben seines Vaters ereilte. Sofort eilte er nach Berlin und übernahm 
trotz seines Leidens die Regierung. „Lerne Leiden, ohne zu klagen!" sagte 
er zu seinem Sohne Wilhelm. Nach 99tägiger Regierung erlöste ihn der Tod 
von seinen qualvollen Schmerzen, die ihm das unheilbare Halsleiden bereitete. 
2. Wilhelm II. a) Sein Regierungsantritt. Friedrichs Sohn Wilhelm 
bestieg nun den deutschen Kaiserthron. Er war am 27. Januar 1859 in 
Berlin geboren. Seine Eltern pflanzten in ihn ein festes Gottvertrauen und 
strenge Pflichttreue. Um sich wissenschaftlich auszubilden, besuchte er das 
Gymnasium zu Kassel und die Universität Bonn. Hierauf widmete er sich 
mit großem Eifer dem Dienste des Kriegers. In der Verwaltung des 
Staates und in den Unterhandlungen mit fremden Staaten wurde er von 
tüchtigen Männern, z. B. vom Fürsten Bismarck, dem größten Staatsmanne 
seiner Zeit, unterwiesen. So ward Wilhelm II. auf seinen Herrscherberuf 
vorbereitet. Bei seiner Thronbesteigung gelobte er: „Auf den Thron meiner 
Väter berufen, habe ich die Regierung im Aufblicke zu dem Könige aller 
Könige übernommen und Gott gelobt, nach dem Beispiele meiner Väter 
meinem Volke ein gerechter und milder Fürst zu sein, Frömmigkeit und 
Gottesfurcht zu pflegen, den Frieden zu schirmen, die 
Wohlfahrt des Landes zu fördern, den Armen und 
Bedrängten ein Helfer, dem Rechte ein treuer Wächter 
zu sein". In diesem Sinne hat er auch die Re¬ 
gierung geführt und deshalb außer dem Arbeiter¬ 
schutzgesetze auch die Invaliden- und Altersversicherung 
eingeführt. Alle Arbeiter über 16 Jahre müssen in 
diese Versicherungen eintreten. Jeder Versicherte 
erhält eine lebenslängliche Rente, wenn er erwerbs- .. 
unfähig wird oder 70 Jahre alt ist. Das Reich, sowie a'Kt ' ,e m 
Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlen hierzu je ein Drittel. Bereits über 
acht Milliarden Mark sind infolge der Versicherungsgesetze der leidenden, ver¬ 
unglückten oder alternden Arbeiterschaft und deren Angehörigen zugute gekommen. 
Dazu haben die Arbeitgeber allein weit über fünf Milliarden beigesteuert. 
b) Seine gesegnete Regierung. Um die Einheit im Innern zu 
fördern, ward nach langen Vorbereitungen und zahlreichen Beratungen das 
Bürgerliche Gesetzbuch vollendet. Während früher das Ehe-, Erbschafts-, 
Vormundschafts-, Vermögens-, Kauf- und Mietewesen in Preußen anders 
war als in Sachsen, gibt es nun vom 1. Januar 1900 an in ganz 
Deutschland ein bürgerliches Recht, wie schon bald nach der Aufrichtung 
des Deutschen Reiches ein Strafrecht, eine Münze, ein Maß, ein Gewicht, 
eine Post, ein Heer usw. eingeführt wurde. Um den Handel, die Quelle 
des Wohlstandes, und die Industrie, diesen wichtigen Erwerbszweig Deutsch¬ 
lands, zu heben, schloß der Kaiser neue Handelsverträge mitemigenRachbarftaaten. 
Er vollendete den 98 km langen Nord-Ostseekanal und erwarb Kiautschou 
in China, sowie Samoa und die Karolineninseln, wodurch unserm Ausfuhr-
	        
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