Full text: Römische Geschichte (Abt. 2)

Vierter Zeitraum. — § 44. Geistesleben und Sittenzustände usw. 123 
Gräbern der Märtyrer erhoben, wallfahrteten unzählige Gläubige. 
An Stelle der heidnischen Feste traten christliche Liebesmahle. Die 
Tierhetzen und Fechterspiele verschwanden, die Lust am Wagenrennen 
blieb (Parteien des Zirkus „die Grünen", „die Blauen"). 
IV. Bildung. Der alte Bildungsgang der sog. freien 
Künste (des Triviums ^Grammatik, Dialektik und Rhetorik^ und 
des Quadriviums ^Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie^ 
erfuhr durch das Christentum keine wesentliche Änderung. Der 
Neuplatonismus (s. o. S. 111), von Plotin systematisch durch¬ 
gebildet. wurde vielfach ein Bindeglied zwischen antiker Bildung und 
Christentum. 
Die lateinische Sprache wandelte sich unter dem Einfluß der 
neuen germanischen Bevölkerung. Aus der Volksmundart ent¬ 
wickelten sich die romanischen Sprachen. Das Latein blieb 
die Hof- und Kirchensprache der Abendländer. 
A. Literatur, a) Die Dichtungen bewahrten rhetorisches 
Gepräge.* b) In der Geschichtschreibung erhoben sich der griechisch 
schreibende Dio Cassius (3. Jahrh.) und der lateinisch schreibende 
Ammianns Marcellinus (Zeit der Völkerwanderung) weit über 
die dürftigen Auszüge eines Aurelius Victor, Eutrop u. a. 
c) Die Rechtswissenschaft wurde lediglich durch die kaiserliche 
Gesetzgebung weiter gebildet. Der Codex Theodosianus (438) 
die erste Sammlung der kaiserlichen Konstitutionen. Die große 
Sammlung und Sichtung des ungeheuren Materials veranstaltete 
Justinian mit Hilfe des Juristen Tribonian: das Corpus 
iuris civilis, — ein unvergleichlicher Schatz, den Rom der Nach¬ 
welt hinterlassen, wurde die Grundlage für die Gestaltung des 
modernen Rechtes. 
d) Unter den geistlichen Schriftstellern ragte hervor 
Augustinus (Bischof in Afrika bis zur Wandalenzeit) mit seinem 
„Gottesstaat" und seinen „Bekenntnissen". Der letzte Römer, der 
die antike Bildung mit christlichen Anschauungen vereinigte, war 
Boethius (unter Theoderich), dessen „Trost der Philosophie" noch 
im Mittelalter viel gelesen wnrde. 
B. Kunst, a) Die Architektur zeigte noch eine gewisse 
Nachblüte, wovon die Thermen des Diokletian, die Basilika 
des Konstantin zu Rom, die Kaiserbauten zu Trier (Porta 
nigra) u. a. zeugen. Die Basilika (Rechteck mit Seitenschiffen, die 
durch Säulen abgeteilt, Abschluß durch gewölbte Nische — „die 
Apsis", getäfelte Decke) Grundform der ältesten christlichen Kirchen. 
*) Ausonius (Mosella), Claudianus (Lobgedichte wie de laudibus 
Stilichonis) u. a.
	        
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