Einige historische M erkwürdig ketten. 223
Haben ihm nicht Hohe und Niedrige für die herrlichen Lieder:
Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht rc. Nach einer Prüfung
kurzer Tage rc. Meine Lebenszeit verstreicht rc. Auf Gott
und nicht auf meinen Rath rc. Nicht daß ich's schon ergriffen
hätte rc. Was ist's, das ich mich quäle rc. Mein erst Gefühl
sei Preis und Dank rc., und für andere Ergießungen seines
Geistes und Herzens innig gedankt?
Doch sein Werth und seine Verdienste wurden auch erkannt.
Er erhielt mehrere Geldgeschenke von dankbaren Schülern aus
Deutschland, Dänemark, Liefland, Ungarn, so auch von anderen
Personen, die seine Schriften schätzen. Viele Geschenke nahm
er gar nicht an; es gibt, sprach er, weit Dürftigere, als ich
bin; so wie er auch nicht die ganze ihm zugedachte Ver¬
mehrung seines Gehalts annahm, weil er glaubte, nicht so
Viel leisten zu können, als seine Mitarbeiter. Die Studirenden
schätzten ihn überaus hoch, durch seine Vorstellungen dämpfte
er oft die Unruhen unter ihnen. Er war ihnen Lehrer, Freund,
Rathgeber, unterstützte manchen mit Geld, und beförderte sein
Fortkommen; so wie ihm auch viele Eltern ihre Söhne em¬
pfahlen, oder ihn um Lehrer für ihre Kinder angingen. Im
siebenjährigen Kriege ehrten ihn viele wackere Krieger, auch
sprach ihn Friedrich der Große und mehrere Prinzen; jedoch
blieb Gellerts Wahlspruch: Dränge dich nicht zu den Großen.
Gellert reifte mehrmals nach Karlsbad, doch ohne große Er¬
leichterung seiner Leiden. Indeß zeichneten ihn hier viele an¬
gesehene Badegäste aus. Der berühmte östreichische General
Laudon, der sehr gern mit ihm umging, äußerte einmal:
Sagen Sie mir nur, Herr Professor, wie sie so viele Bücher
und so viel Munteres und Scherzhaftes schreiben können? ich
kann es gar nicht begreifen, wenn ich sie so ansehe. Das
will ich Ihnen wol sagen, antwortete Gellert; aber sagen Sie
mir erst, Herr General, wie Sie die Schlachten bei Kunners-
dorf u. s. w. gewinnen, Schweidnitz in einer Nacht haben
einnehmen können? Ich kann mirs auch nicht denken, wenn
ich Sie ansehe. Damals, setzt Gellert hinzu, habe ich ihn
das erste Mal lachen sehen, sonst lächelte er nur.
Seinen Schriften hätte er gern die möglichste Vollkom¬
menheit gegeben, aber Kränklichkeit hinderte ihn daran, AIS
seine letzte Krankheit eintrat, war ganz Leipzig in Unruhe.
Der Kurfürst, der ihn mit seiner ganzen Familie sehr hoch
schätzte, und dem Gellert gewöhnlich bej seinem Aufenthalte
in Leipzig während der Messe eine Vorlesung halten mußte,