Full text: Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2 = Klasse 3)

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I. Das deutsche Städtewesen im Mittelalter. 
so erhielten diese Orte von den sächsischen und fränkischen Kaisern 
das Marktrecht, wonach ein solcher Verkehr sich nur an den mit 
diesem Vorrecht ausgestatteten Plätzen abspielen durfte. Dafür waren 
an den König oder an den von ihm belehnten Grundherrn für die 
Benutzung der Markteinrichtungen Zölle und Abgaben zu zahlen. Seit 
den Lohenstaufen erfolgte die Verleihung des Marktrechts nur noch 
durch den Landesfürsten. Zum Schutze des Handels wurde eine 
Mauer um den Marktort gezogen. So nahm die Stadt selber das 
Aussehen einer großen »burc* an, und dadurch war die städtische An¬ 
lage völlig bedingt. Außerdem ist für die mittelalterliche Stadt die 
Tatsache bezeichnend, daß sie einen eigenen Gerichtsbezirk bildet; 
auch regelten die Bürger ihre Gemeindeangelegenheiten mit größerer 
Selbständigkeit als die Dorfbewohner auf dem platten Lande. Alle 
Lerrschaftsrechte wurden anfangs durch Ministerialen des Grundherrn 
(Vögte) ausgeübt. Alle diese Merkmale müssen zusammentreffen, 
wenn ein Ort als Stadt im mittelalterlichen Sinne gelten soll. Sie 
sind, mit privatrechtlichen Bestimmungen vereinigt, im Stadtrechte 
zusammengefaßt, und die mittelalterlichen Ratsstuben sind die „Brunn¬ 
stuben" der modernen Verfassungen in Stadt und Reich geworden. 
Man hat die Rolandsäulen mit diesen Verhältnissen in Zusammen¬ 
hang gebracht, aber ihr Sinn ist in Dunkel gehüllt. 
Gegen Ende des 12. Jahrhunderts gelang es den Bürgern, dem 
Stadtherrn die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten mehr oder 
minder aus der Äand zu nehmen. Sie wurden einem Rate über¬ 
tragen, der aus den Angehörigen alteingesessener Familien, den „Ge¬ 
schlechter n", bestand. Der Rat brachte mit der Zeit auch die Gerichts¬ 
barkeit, meistens sogar die höhere, d. H. die über Leben und Tod, 
den „Blutbann", an sich. Den meistens handeltteibenden Geschlechtern 
stehen die in Zünften organisierten Gewerbetreibenden gegenüber, 
denen durch kaiserliche und landesherrliche „Privilegien", wie sie in 
der „Zunftrolle" aufgezeichnet wurden, der Alleinbetrieb ihres Land- 
werks innerhalb der oft recht ausgedehnten „Bannmeile" zugestanden 
war. Sie hielten daher sorgfältig darauf, daß niemand auf dem 
Lande, kein „Bönhafe", einen unerwünschten Wettbewerb ausübte. 
Je nachdem, ob die Gründung und Rechtsausstattung der Stadt 
vom König oder von einem Landesfürsten ausgegangen war, unter¬ 
schied man Reichs- und Landstädte. Zu jenen gehörten Frankfurt a. M., 
Aachen, Nürnberg, Augsburg, £llm u. a.; auch Köln, Straßburg, 
Worms, Speier, Regensburg, Basel entzogen sich im Laufe des 
13. Jahrhunderts völlig der Herrschaft ihres bischöflichen, Lübeck, 
Hamburg, Bern u. a. der ihres weltlichen Stadtherrn. Landsässig 
blieben z. B. Trier, Magdeburg, Mainz, Würzburg, erfreuten
	        
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