Full text: Lebensbilder aus der deutschen Götter- und Heldensage

gestiegen, als Hildegund zwei Reiter gewahrte. Bleich vor 
Schrecken rief sie aus: „Fliehe, o Herr, nun ist unser Ende 
da, sie kommen!" Walter aber antwortete: „Meine Rechte 
hat so viele Feinde vernichtet, daß es schimpflich wäre zu 
fliehen. Nimm den „Soweit" mit unserem Schatz und führe 
ihn in dieses Wäldchen; ich will hier getrost die Feinde er¬ 
warten, wie es einem Ritter gebührt." 
Er brauchte nicht lange zu warten. Günther sprengte 
zuerst gegen ihn heran und kränkte ihn durch höhnende Rebe, 
aber Walter kümmerte sich nicht barum. Er wandte sich viel¬ 
mehr mit rührenden Worten an seinen alten Freund und bat 
ihn, von dem Kampfe abzustehen, ja er bot sogar reichliches 
Lösegeld für den Frieden. Hagen aber erwiderte finster: 
„Nicht um Gold und Beute kämpfe ich, darum hielt ich mich 
gestern fern; aber die Ehre meines Königs und das Blut 
meines Neffen, den bu gestern erschlagen hast, fordern von 
mir den Kampf." 
Nach solchen Worten war weitere Rede unnütz, und der 
Kampf begann. Alle brei sprangen von den Rossen. Hagen 
warf zuerst den Speer, aber der traf nur den Schild und 
fuhr unschädlich seitwärts in die Erde. Auch Günther warf 
jetzt, aber gering war die Kraft seines Armes, und Walter 
schüttelte den Speer leicht von feinem Schilde ab. Jetzt begann ber 
Schwertkampf, unb bald zu zweien, Mb abwechselnd stürmten 
Hagen unb Günther auf ihren Gegner ein; am meisten aber 
bebrohte ihn Hagen. Von ber zweiten Morgenstunde an ; 
währte ber Kamps bis Mittag, unb keiner von ben breien 
war verwunbet. Da faßte Günther einen bösen Plan, ber 
allen breien Unglück brachte, ihm selber aber am meisten. 
Er hätte nämlich gar zu gern feine Lanze, bie zu ben 
Füßen Walter s lag, roiebergehabt, um bann, währenb Hagen 
den Jüngling bebrohte, ihm mit berfelben einen töd-
	        
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