28 Desertion und Strafen 
Branntwein zu trinken ober auf des Offiziers Gesundheit Bescheid zu tun 
überreden, auch manchmal beim Trunk ihnen heimlicherweise Geld in die 
Taschen schieben und, als wenn sie solches zu Kriegsdiensten genommen, prä¬ 
tendieren, ja es auch so weit kommt, daß die £eute in den (Bärten, auf den 
Heldern und in den Wäldern nicht sicher sind und durch die Werber ver¬ 
schwinden, so soll dieses hinfüro nicht mehr geduldet werden. 
Ulrich Bräder, Der arme Mann im Eo<fenburg (f. (5. $ret)tag, 
Bilder aus der deutschen Vergangenheit, 4. Bd.): M. B., ein Schweizer, ist 
von einem Werbeoffizier als Bedienter gemietet und nach Berlin geschickt 
worden, hier erst wird ihm klar, in welche Falle er gegangen ist: 
IDir waren kaum fertig, als ein alter, hagerer Kerl ins Zimmer trat, dem 
ich doch bald ansah, daß er mehr als Gemeiner sein müsse. (Es war ein 
Feldweibel. (Er hatte eine Soldatenmontur auf dem Arm, die er über den 
Osch ausspreitete, ein Sechsgrofchenftück dazu legte und sagte: „Das ist für 
dich, mein Sohn, gleich werde ich dir noch ein Kommißbrot bringen." — 
„tDas? für mich?" versetzte ich, „von wem, wozu?" — „(Ei, deine Montie¬ 
rung und Traktament, Bursche! tDas gibt’s da Fragens? Bist ja ein Re» 
frute." — „wie, was? Kefrute?" erwiderte ich. „Behüte (Bott; da ist mir 
nie kein Sinn daran gekommen. tTTarconis Bedienter bin ich; so hab ich ge¬ 
dungen und anders nicht." — „Und ich sag dir, du bist Soldat. Kerl. Ich 
steh dir dafür. Da hilft jetzt alles nichts." — „5lch, wenn nur mein Herr 
ITtarconi da wäre!" — „Den wirst du so bald nicht zu sehen kriegen, wirst 
doch lieber wollen unsers Königs Diener sein als seines Leutnants?" Damit 
ging er weg. „Um Gottes willen. Herr 3ittemann," fuhr ich fort, „was 
soll das werden?" — „Nichts, Herr, als daß er wie ich und die andern 
Herren da Soldat und wir folglich alle Brüder sind, und daß ihm alles 
widersetzen nichts hilft, als daß man ihn auf Wasser und Brot nach der 
hauptwache führt, kreuzweis schließt und ihn fuchtelt, daß ihm die Rippen 
krachen, bis er zufrieden ist. 
2. Desertion und Strafen. 
Ulrich Bräcker (s. oben): Fast alle Wochen hörten wir neue, ängsti¬ 
gende Geschichten von eingebrachten Deserteurs, die, wenn sie noch so viel 
List gebraucht, sich in Schiffer und andere Handwerksleute oder gar in Weibs¬ 
bilder verkleidet, in Tonnen und Fässer versteckt hatten, dennoch ertappt 
worden waren. Da mußten mir zusehen, wie man sie durch 200 Mann 
achtmal die lange Gasse auf und ab Spießruten laufen ließ, bis sie atemlos 
hinsanken — und des folgenden Tages aufs neue dran mußten, wie die 
Kleider ihnen vom zerhackten Rücken heruntergerissen und wieder frisch darauf 
losgehauen wurde, bis Fetzen geronnenen Blutes herabhingen. Dann sahen 
Schärer und ich einander zitternd und totenblaß an und flüsterten einander 
in die (Dhren: „Die Barbaren!" was hiernächst auch auf dem Exerzierplätze
	        
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