Full text: Das Zeitalter der Aufklärung (H. 66)

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Huftlärung und Staat 
D. Aufklärung und Staat. 
X. Zean Jacques Rousseau.1 
a) I. Buch, 1. Kap. Der Mensch mirö frei geboren, und 
überall ist er in Banden, mancher hält [ich für den Herrn feiner 
Mitmenschen und ist trotzdem mehr Sklave als sie. wie haben sich diese 
Umwandlungen zugetragen? Ich weiß es nicht, was kann ihr Recht¬ 
mäßigkeit verleihen? Diese Frage glaube ich beantworten zu können. 
Würde ich nur auf die Gewalt und die Wirkungen, die sie hier her¬ 
vorbringt, Rücksicht nehmen, so würde ich sagen: solange ein Volk durcb 
Übergewalt gezwungen wird, zu gehorchen, so tut es wohl, wenn es 
gehorcht; sobald es sein Joch abzuschütteln imstande ist, so tut es noch 
besser, wenn es dasselbe von sich wirft; denn sobald es seine Freiheit 
durch das nämliche Hecht wiedererlangt, welches sie ihm geraubt hat, 
so ist es entweder befugt, sie wieder zurückzunehmen, oder man hat sie 
ihm unbefugterweise entrissen, allein die gesellschaftliche Ordnung ist 
ein geheiligtes Recht, welches die Grundlage aller übrigen bildet. Dieses 
Recht entspringt jedoch keineswegs aus der Natur, es beruht folglich 
auf Verträgen 
I. Buch, 2. Kap. Die gemeinsame Freiheit ist eine Folge der Natur 
des Menschen. Sein erstes Gesetz verlangt von ihm, über seine eigene 
(Erhaltung zu wachen; seine hauptsorge ist die, welche er sich selbst 
schuldig ist, und sobald er zu dem Alter der Vernunft ge¬ 
kommen, ist er allein Richter über die zu seiner (Erhal¬ 
tung geeigneten Mittel und wird dadurch sein eigener 
Herr. 
I.Buch, 4.Kap. Da kein Mensch eine natürliche Gewalt über seines¬ 
gleichen hat, und da die Stärke kein Recht gewährt, so bleiben also die 
Verträge als die einzige Grundlage jeder rechtmäßigen Gewalt unter 
den Menschen übrig 
stuf seine Freiheit verzichten, heißt auf seine Mensch- 
h eit, die Menschenrechte, ja selb ft auf seine Pflichten ver¬ 
zichten.... (Es ist ein nichtiger und mit sich selbst in Widerspruch 
stehender Vertrag, auf der einen Seite eine unumschränkte Macht und 
auf der anderen einen schrankenlosen Gehorsam festzusetzen.... 
I.Buch, 6.Kap. An die Stelle -er einzelnen Person jedes vertrag- 
abfchließers setzt solcher Gesellschaftsvertrag sofort einen geisti¬ 
gen Gesamtkörper, dessen Mitglieder aus sämtlichen 
Stimm ab geb enden bestehen, und der durch eben diesen Akt seine 
Einheit, sein gemeinsames Ich, sein Leben und seinen willen erhält. 
Diese öffentliche Person, welche sich auf solche weise aus der vereint- 
1 L-ontrat social, 1762- Deutsch von E). Denharöt, Reclams Derlag,
	        
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