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5. Der zweite schlesische Krieg.
Nun fürchtete Friedrich mit Recht, daß Maria Theresia, wieder zur
Macht gelangt, ihm den Breslauer Frieden nicht halten würde. Langes
Zögern und Ueberlegen war nicht seine Sache. So rückten denn im
August 1744 hunderttausend Preußen „zur Unterstützung des Kaisers" in
Böhmen ein und es begann der zweite schlesische Krieg, in welchem auch
der Kurfürst von Sachsen sich mit Oesterreich gegen Preußen verband.
Friedrich, nachdem er schnell ganz Böhmen besetzt hatte, ward durch den
Prinzen von Lothringen nach Schlesien zurückgedrängt. Aber uuterdeß dran¬
gen die Bayern siegreich vor, so daß der Gegenkaiser wieder in seine Haupt¬
stadt München zurückkehren konnte, doch nur, wie es schien, um in seiner
Residenz zu sterben, denn nach wenigen Monaten überraschte ihn der
Tod. Sein Sohn erhielt hierauf durch den Frieden zu Füssen (einem
Städtchen an der Grenze von Tyrol), worin er auf die österreichische Erb¬
schaft verzichtete, sein Kurfürstenthum wieder und Maria Theresia konnte
den Kampf gegen Preußen mit größerem Nachdruck fortsetzen.
Beim Anfange des folgenden Jahres (1745) befand sich Friedrich in
einer sehr mißlichen Lage. Auf dem Rückzüge aus Böhmen hatte er den
größten Theil seines Geschützes eingebüßt; seine Kassen waren dermaßen
erschöpft, daß er sein ganzes Silbergeräth in die Münze schicken mußte;
Oberschlesien mit seinen wichtigsten Festungen war in den Händen der Feinde.
Aber mit der Gefahr wuchs auch sein Muth. Am 4. Juni griff er die
Oesterreicher bei Hohenfriedberg (unweit Striegau) an und erfocht
über den Prinzen von Lothringen in 5 Stunden einen so glänzenden Sieg,
daß 66 Kanonen, 7 Fahnen und 7000 Gefangene in seine Hände fielen.
Dann folgte er dem fliehenden Feinde nach Böhmen. Hier ward er bei
Sorr von den Oesterreichern angegriffen; doch unter dem feindlichen
Feuer ordnete er sein Heer und drang mit solchem Ungestüm vor, daß
nach wenigen Stunden die feindlichen Batterien genommen waren. Zwei¬
undzwanzig Kanonen und gegen tausend Gefangene waren die Frucht des
Sieges, den Friedrich, wie er selbst gestand, nur der heldenmüthigen
Tapferkeit seiner Soldaten verdankte. Den glänzendsten Sieg aber erfocht
in diesem ruhmreichen Feldzuge der Fürst Leopold von Dessau, von den
Soldaten nur „der alte Dessauer" genannt, am 15. December bei Kessels ¬
dorf (unweit Dresden), über die Sachsen und Oesterreicher. Hier mußten
die Preußen steile, mit Eis und Schnee bedeckte Anhöhen hinaufklimmen
und mit gefälltem Bajonnet die Feinde aus ihrer Stellung vertreiben. Aus
diesem Grunde war die Schlacht für die Sieger eben so blutig, wie für
die Besiegten; doch machten die Preußen 5000 Gefangene und erbeuteten
48 Kanonen und die Oesterreicher mußten sich eilig nach Böhmen zurück¬
ziehen. ZehnTage später wurdeinDresden der Friede abgeschlossen, durch
welchen Maria Theresia ihr Schlesien nochmals an Friedrich abtrat und der
Kurfürst von Sachsen eine Million Thaler an Preußen bezahlte. Drei Jahre
später schloß Maria Theresia, deren Gemahl Franz L inzwischen zum deutschen