Full text: Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte

— 148 — 
Otto hatte eine stattliche Gestalt, durchdringende Angen nnd einen 
wallenden Bart. Sein Charakter war fest, aber heftig und herrisch. Von 
der Hoheit der Königswürde war er durchdrungen. Hohe Geistesgaben 
vereinten sich in ihm mit dem Streben nach Großem. Treue gegen seine 
Freunde zeichnete ihn aus. Wie der Löwe warf er seine vielen Feinde 
nieder, aber großmütig verzieh er ihnen, wenn sie sich demütigten. Seine 
Frömmigkeit war echt. Mit Vorliebe trug er heimische Tracht und ver- 
gnügte sich gern am Waffenspiel und an der Jagd im Harz und im Thü¬ 
ringer Walde. Wegen seiner gewaltigen Herrschernatur, seiner herrlichen 
Kriegstaten und ruhmvollen Regierung wurde er schon bei Lebzeiten der 
„Große" genannt. 
2. Er befestigt seine Herrschaft nach innen und außen. Seine 
Strenge, seine Heftigkeit und besonders sein Streben nach unumschränkter 
Herrschaft verursachten wiederholt Empörungen der Großen. Otto war 
es vor allem darum zu tun, die Selbständigkeit, die sein Vater den Her¬ 
zögen zugestanden hatte, zu beseitigen und sie zu einfachen Reichsbeamten 
ohne selbständige Gewalt zu machen. Kaum hatte er seinen ausständischen 
Halbbruder Thaukmar bezwungen, als sich sein Bruder Heinrich mit 
den Herzögen von Franken und Lothringen verband, um ihm die Krone 
zu entreißen. Aber das Glück half Otto. Der Lothringer ertrank auf der 
Flucht im Rheine; der Franke wurde im Kampfe bei Andernach erschlagen; 
Heinrich bat um Verzeihung und erhielt sie. Trotzdem erhob er noch 
zweimal das Banner der Empörung, wurde aber jedesmal besiegt und 
begnadigt, das letzte Mal im Dome zu Frankfurt am Weihnachtsfeste 
nach einer Fürbitte seiner Mutter und einem demütigen Fußfalle. Otto 
gab ihm darauf das Herzogtum Bayern. Hinfort zeigte Heinrich feine 
Dankbarkeit durch treue Anhänglichkeit. Mit Ausnahme von Franken und 
Sachsen, die Otto selbst behielt, verlieh er auch die anderen Herzogtümer 
an seine Verwandten: Lothringen erhielt sein Schwiegersohn Konrad, 
Schwaben sein Sohn Ludolf. Damit schien seine Absicht, keine selb- 
ständigen Herzöge neben sich zu dulden, erreicht. In späterer Zeit erst 
erhielt Sachsen sein treuer Freund Graf Hermann, der es durch sieg¬ 
reiche Kämpfe gegen die Slaven vergrößerte. In den wendischen Marken 
(bis zur Oder) bekämpfte der Markgraf Gero die Wenden mit großem 
Nachdruck. Im Norden soll Otto im Kampfe gegen den Dänenkönig 
Harald Blauzahn siegreich bis zum Ottensund vorgedrungen sein und 
dort seinen Speer ins Meer geschleudert haben. Böhmen, Polen, Bur- 
gund und Frankreich beugten sich vor des Kaisers Macht. Als Schirm- 
Herr der Kirche gründete er in den Grenzmarken des Reiches Bistümer, 
z. B. Brandenburg, Havelberg, Schleswig, Meißen u. a. Missionare und 
deutsche Ansiedler verbreiteten hier Christentum und Deutschtum. Im 
Osten entstand das Erzbistum Magdeburg. 
3. Er unterwirft Italien. Italien war durch Thronstreitigkeiten 
der wildesten Unordnung verfallen. Markgraf Berengar von Jvrea 
teilte die Herrschaft mit dem jungen Könige Lothar. Als dieser ge- 
1) Nicht zu Quedlinburg, wie das Mühlersche Gedicht angibt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.