Full text: Die neue Zeit (Theil 3)

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und kam in 70 Tagen kaum so weit, als jetzt ein Seemann in 70 Stunden 
kommt. Die ganze Fahrt ging so langweilig von Statten, man ward so 
oft genöthigt, auf kleinen Inseln Monate lang um der Kranken willen 
still zu liegen, daß sicherlich aus dem ganzen Zuge nichts geworden wäre, 
hätte nicht Almagro sich fleißig mit Mannschaft und Lebensmitteln ein¬ 
gestellt und wäre nicht Pizarro selbst ein Mann von so unbeugsamem 
Charakter gewesen. Pizarro's Unternehmungsgeist wuchs mit den immer 
größer werdenden Schwierigkeiten. Erst am Ende des Jahres 1526 langte 
er an der peruanischen Küste an. Er fand aber das Land so bevölkert 
und bebaut, daß er nicht daran denken konnte, mit seiner geringen Mann¬ 
schaft sich hier fest zu setzen. Er handelte daher von den Wilden blos 
eine Menge goldener und silberner Gefäße für europäische Kleinigkeiten 
ein und nahm ein paar junge Peruaner mit, die er tut Spanischen unter¬ 
richten lassen wollte, um sie künftig zu Dolmetschern gebrauchen zu können. 
So kam er nach drei mühseligen und fast unnütz verbrachten Jahren 
1527 in Panama wieder an. 
Da von dem Statthalter noch immer keine Unterstützung zu erlangen 
war, so reiste er geradezu nach Spanien, trat vor den König Karl und 
machte diesem von seinen überstandenen Drangsalen eine so rührende, von 
den Reichthümern Peru's eine so reizende Schilderung, daß der König, 
dem es ohnehin nur einen Titel kostete, den kühnen Mann sogleich zum 
Statthalter des zu erobernden Landes ernannte und ihm freie Vollmacht 
ertheilte, seine Offiziere und andere Beamte selbst zu wählen. Da¬ 
für versprach Pizarro, die Kosten der Unternehmung mit seinen Freunden 
ganz allein zu tragen. Kortez, der sich damals gerade in Spanien be¬ 
fand, hörte nicht sobald von seinem Unternehmen, als er seinem alten 
Kriegsgefährten sogleich eine beträchtliche Summe vorschoß und ihm mit 
seinem besten Rath an die Hand ging. 
Die Reise ward 1529 mit drei Schiffen und 180 Mann ange- 
treten. Nach 13 Tagen landete Pizarro an der peruanischen Küste. Im 
Vertrauen auf seine Kanonen und Musketen und aus seine 36 Pferde, 
welche den Eingeborenen eine wunderbare Erscheinung waren, wandte er 
keine von Kortez' Klugheitsmaßregeln an, sondern brach wie ein beute¬ 
gieriger Löwe in die schüchternen Horden ein. Die Indianer wurden 
verscheucht und ihre Hütten geplündert, in denen sich Gold in ungeheurer 
Menge fand. Als dies Letztere bekannt wurde, ward es dem Almagro in 
Panama leicht, eine Menge frischer Rekruten anzuwerben und nachzu¬ 
schicken. Am Flusse Piura ward hierauf die erste Kolonie anqeleqt, 
welche man St. Michael nannte. 
Bei einem so ungestümen Verfahren wäre es wohl unmöglich gewesen, 
ein volkreiches Land, das sich gegen 300 Meilen längs der Seeküste er¬ 
streckte, mit einigen hundert Menschen in so kurzer Zeit zu erobern, wenn 
n*cht zu eben dieser Zeit ein innerer Zwist das Reich gespalten hätte. Kurz 
vor der Ankunft der Spanier war der König (Inka, auch Sohn der 
Sonne genannt), Namens Huana Kapak, gestorben, der als ein 
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