Full text: Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit

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fähig und unlustig, irgend etwas zu tun. Der König von Preußen 
aber dachte anders und glaubte um so mehr mit den Bürger¬ 
wehren Frankreichs ein leichtes Spiel zu haben, als die zahl¬ 
reichen Emigranten in Koblenz und anderswo die Möglichkeit 
eines raschen Niederwerfens der Bewegung mit aller Bestimmt¬ 
heit versicherten. So wurde derselbe Herzog von Braunschweig, 
der die holländische Bewegung so glücklich unterdrückt hatte, 
zur Führung der 50 000 Preußen bestimmt, die von Koblenz 
aus vorrücken sollten. Zu seiner Rechten sollten die Oester¬ 
reicher von den belgischen Niederlanden aus ihn unterstützen, 
zur Linken andere österreichische Truppen unter Hohenlohe 
von Mannheim aus. 
Der Vormarsch des Herzogs, die Mosel hinauf, ging sehr 
methodisch und demnach langsam vonstatten. Zu derselben 
Strecke, die Blücher 1814 unter schwierigeren Verhältnissen in 
vier Wochen zurücklegte, brauchte der Herzog die doppelte Zeit. 
Man machte Pausen von acht Tagen, um Magazine und Lazarette 
einrichten zu lassen, machte Luxemburg zum Waffenplatz, zögerte 
dann wieder, als man die französische Grenze überschreiten 
mußte, und erreichte an trügerischen Erfolgen endlich nur die 
Ergebung von Longwy und Verdun, trügerisch, weil man auch 
deshalb noch neue Hoffnung auf Unterstützung aus Frankreich 
schöpfte. Nun entstand die Frage: wie weiter? Der Herzog, 
der die größere kriegerische Erfahrung besaß, wollte einstweilen 
bis zum nächsten Jahre an der Maas stehen bleiben, der König 
von Preußen wollte so schnell wie möglich die königliche Familie 
in Paris retten. Man schlug endlich einen Mittelweg ein und 
zog durch das Waldgebirge der Argonnen auf Chalons zu. Und 
nun kam der Umschlag der Verhältnisse. 
In Paris war der König am 10. August 1792 abgesetzt und 
gefangen genommen; eine Fortsetzung des Vormarsches konnte 
die Katastrophe nur beschleunigen. Im Rücken aber hatten 
Dumouriez und Kellermann sich im Argonnerwald vereinigt und 
alle weitere Zufuhr aufs äußerste gefährdet. Mangel an Lebens¬ 
mitteln und Munition machten sich um so furchtbarer geltend, 
als Herbstkrankheiten und Grundlosigkeit der Fahrstraßen den 
Mut der preußisch-österreichischen Truppen immer mehr herab¬ 
drückten. So schien es eine wahre Erlösung, als nach der zweck- 
und ergebnislosen Kanonade von Valmy, bei welcher die Armeen
	        
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