Full text: Von der Entstehung eines selbständigen deutschen Reichs bis zu Karl V. 843 - 1519 (Theil 2)

126 Deutschland unter Wahlkömgen. 
Hand eines Habsburgers ein Gegenstand besonderer Besorgnis mehr 
sein mochte. Die Vorteile, welche eine wirkliche, rechtlich gesicherte 
Erblichkeit der Kaiserkrone in einem und demselben Hause dem Reiche 
und der Nation hätte bringen können, wurden gleichwohl dadurch 
nicht erreicht, denn die Habsburger betrachteten die, obschon von 
Geschlecht zu Geschlecht ihnen immer wieder zufallende, Kaisergewalt 
doch uur als ein Mittel zur Verstärkung ihrer Macht in den eigenen 
Ländern; sie waren jederzeit „vor Allem Österreicher und dann erst 
Deutsche."*) 
Nach Albrechts Tode wurde ein Vetter von ihm, Friedrich 
von der Steyermürkischen Linie, zum Kaiser gewühlt. Er wird 
als Kaiser bald Friedrich III., bald (wenn man Friedrich den 
Schönen mitzählt) Friedrich IV. genannt. Er hat länger regiert, 
als irgend einer der deutschen Kaiser, von 1439—1493, also volle 
54 Jahre lang. Allein, so lang seine Regierung war, so inhaltsleer 
war sie doch an wirklichen Thaten, so unersprießlich für des Reiches 
Einheit und Sicherheit. Friedrich selbst hat sich wenig um das Reich 
gekümmert; er hat den größten Teil seines Lebens in seinen Erblanden 
zugebracht und ist die längste Zeit gar nicht ins Reich gekommen. 
Seine erste beklagenswerte That war die, daß er die von dem Ba¬ 
seler Konzil nach langen, schwierigen Verhandlungen mühsam zu 
Stande gebrachten wichtigen Reformen für die Kirche schmählich ver¬ 
eitelte, indem er in sehr unzureichender Weise ein Coneordat mit der 
päpstlichen Kurte abschloß. Dies ward Anlaß, daß auch die übrigen 
Fürsten einer nach dem andern das Gleiche thaten, sodaß der ganze 
Erfolg des, mit so großen Hoffnungen von der Nation begrüßten 
Konzils so gut wie verloren war. Ebenso schwach und unfähig zeigte 
er sich in der Angelegenheit des inneren Friedens im Reiche. Unter 
seiner Regierung folgten sich nach einander eine Menge der blutigsten, 
für den Wohlstand der Nation verderblichsten Kämpfe bald einzelner 
Fürsten unter einander, bald zwischen Fürsten und Städten. Von 
1445 bis 1450 wütete in Sachsen der „Bruderkrieg" zwischen Friedrich 
dem Sanftmütigen und Wilhelm, welche sich Über die Teilung der 
gemeinsamen Erblande verfeindeten. Erst 1451 wurde derselbe - 
ohne Dazwischenknnst des Kaisers! — durch den Vertrag von Naum¬ 
burg beendet. Ein Nachspiel davon war der bekannte „Prinzenraub". 
Ritter Knnz von Kaufungen, der auf Seiten des Kurfürsten gestanden 
hatte, und der sich für seine Dienste durch diesen nicht genug belohnt 
*) Ein Ausspruch, den der spätere Kaiser Maximilian I. von sich selbst that.
	        
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