XVI. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. 243
Mangel an festen Brücken ebenso groß; dort aber legten die Pioniere
sehr bald mehrere Pontonbrücken über das kleine Gewässer, und manche
Bataillone wateten ohne Zögern durch den drei bis vier Fuß tiefen
Bach hindurch. Warum bei der Elbarmee weder das eine noch das
andere geschah, ist niemals aufgeklärt worden. So blieb General
Schöler mit den sieben Bataillonen und zwei Batterien des Vortrabs
mehrere Stunden lang allein auf dem östlichen Ufer des Baches, was
ihn aber nicht abhielt, mit gewohnter Frische auf die vorgeschobenen
sächsischen Posten loszugehen, in zwei Kolonnen, von denen abwechselnd
die eine die Gegner der andern in der Flanke faßte und damit den
Rückzug derselben auf die Höhe von Oberprim entschied. Ein kecker
Angriff der kleinen Schar auf diese stark besetzte Stellung, bald nach
elf Uhr, wurde dann freilich scharf zurückgewiesen, und der sächsische
Kronprinz ließ darauf seinerseits eine Brigade zum Angriff vorgehen,
anfangs mit gutem Erfolge, bis man in der Flanke eines preußischen
Bataillons ansichtig wurde uud dieser Bedrohung durch raschen Rück¬
zug auf die Höheustelluug auswich. Es war darüber Mittag ge¬
worden, und Kronprinz Albert beschloß, gegen die geringe Stärke des
Gegners eine größere Offensive zu eröffnen, zu deren Deckung in der
Flanke er zwei Brigaden des achten österreichischen Korps heranzog.
Unterdessen aber war endlich die preußische Division Canstein über
die Bistritz herüber gekommen, hatte Schloß Hradek passiert und sich
in einem Walde südöstlich von Oberprim aufgestellt. Jetzt brach sie,
als die Sachsen ihre Angriffsbewegung gegen Schöler begannen, mit
einem kräftigen Stoß gerade in die Mitte der österreichischen Auf¬
stellung hinein und hindurch und bewirkte damit einen solchen panischen
Schrecken, daß die ganze feindliche Masse in vollständiger Auflösung
zurückfloh, in blindem Rennen sich auf die sächsischen Bataillone
stürzte, die sie hatte decken sollen, und diese in ihre Flucht unter
großen Verlusten an Toten und Gefangenen mit sich fortriß. Canstein
verfolgte, obwohl seine Reiterei und Artillerie noch zurück war, seinen
Sieg und erstürmte trotz eines hartnäckigen und blutigen Widerstandes
der Sachsen das Dorf Oberprim, womit die ganze Stellung des feind¬
lichen linken Flügels durch Bedrohung seiner Rückzugslinie ernstlich
gefährdet war.
Deutlich hatte sich bei diesen Kämpfen gezeigt, daß das öster¬
reichische Fußvolk sich von den frühern Niederlagen noch keineswegs
gründlich erholt hatte, vielmehr dem achten Korps die bei Skalitz er¬
haltene Lektion noch in allen Gliedern nachdröhnte.
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