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ein ganzes Jahrhundert hindurch die unwürdigsten, ja sogar ruch¬ 
losesten Menschen auf dem sogenannten Stuhle des Apostels Petrus 
sitzen, einst sogar ein zwölfjähriger Knabe der Stellvertreter Christi 
heißen, und später zu gleicher Zeit drei für Geld erwählte Päpste 
den heiligen Stuhl entweihen, — das Ansehen der päpstlichen 
Würde war nicht mehr zu vernichten. Dazu kam noch, daß dann 
auch eine Reihe solcher Päpste regierte, die mit Klugheit und 
eisernem Willen die Herrschaft über Könige und Kaiser und über 
alle Länder der Christenheit zu erhalten strebten, die da lehrten, 
was Gott im Himmel sei, das seien sie auf Erden, und sie allein 
hätten das Recht, den Fürsten die Kronen zu geben und zu nehmen. 
Einer der ersten war Gregor VII., der Sohn eines Schmiedes, 
der von 1073 bis 1085 die päpstliche Macht zum höchsten Gipfel 
führte. Er lehrte öffentlich: Er sei der sichtbare Stellvertreter Gottes 
auf Erden; er habe Macht, den Königen ihr Reich zu nehmen und 
Anderen es zu geben; er sei der Richter über alle Menschen, aber 
er selbst stehe nur unter Gott. Er sagte weiter, gleichwie es am 
Himmel zwei große Lichter gäbe, die Sonne und den Mond, so 
habe auch die Christenheit zwei große Beherrscher, den Papst und 
den Kaiser. Aber der Papst sei die Sonne, und so wie der Mond 
kein Licht habe von sich selber, so habe auch der Kaiser keine Ge¬ 
walt, wenn sie ihm nicht vom Papste vorher verliehen worden sei. 
An alle Höfe Europa's gingen seine Gesandten mit stolzen Briefen, 
in denen er Gehorsam und Unterwerfung forderte. Er war es, 
der den Fürsten das Recht der Investitur entriß (d. h. die Er¬ 
nennung und die Belehnung der Bischöfe mit den geistlichen Gütern), 
und der mit aller Strenge die Ehelosigkeit der Geistlichen einführte, 
um diese einzig und allein an den päpstlichen Willen zu fesseln. 
Zu dieser Zeit regierte in Deutschland Heinrich IV. (1056 bis 
1106), der schon als sechsjähriger Knabe mit der Kaiserkrone ge¬ 
schmückt worden war, aber auch eine sehr verderbliche Erziehung 
von den Bischöfen, die ihn den Mutterhänden entrissen, erhalten 
hatte. Gegen diesen war besonders der Uebermuth Gregors VII. 
gerichtet. An ihm wollte er zeigen, daß Niemand ungestraft des 
Papstes Befehle verachten dürfe. Daher war er hoch erfreut, als 
die von Heinrich schwer gekränkten Sachsen ihre Klagen vor ihm 
ausschütteten. Schnell sandte er an Heinrich seine Boten und ließ 
ihn bedeuten, vor seinem Richterstuhle in Rom sich zu stellen, sonst 
werde ber apostolische Bannfluch ihn aus ber christlichen Kirche 
stoßen. Voll Zorn vernahm ber Kaiser biese Botschaft, unb beschloß 
gegen ben anmaßenben Kirchenfürsten eine harte Züchtigung ergehen 
Zu lassen. Aber Gregor ließ sich nicht schrecken unb erfüllte in 
folgenben Worten feine Drohung: »Von Seiten bes allmächtigen 
Gottes untersage ich betn Könige Heinrich, ber sich gegen bie Kirche 
mit einem unerhörten Hochmuthe aufgelehnt hat, bie Regierung bes
	        
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