»Welch ein majestätischer Glanz! Die Gruppe von Tempeln und 
Palästen, zu der sie führt, scheint die Pharaonenburg gewesen 
zu sein; jetzt liegen die Hütten Karnaks darin. Ein Riesenthor, 
19,459m hoch, mit Bildhauerarbeiten verziert, steht noch da als Ein¬ 
gang von Süden her. Tritt man näher, so führt eine Allee liegen¬ 
der Widder, 22 Stück, von übernatürlicher Größe, zu einer Pforte, 
vor welcher zwei gewaltige Bildsäulen standen, Alles riefenhaft. 
Hiermit öffnet sich ein umfangreicher, mit Säulengallerie umgebener 
Platz als Bothos eines großen Säulensaales, und erst aus diesem 
Saale tritt man in das Allerheiligste des Tempels, woran sich Säle 
und Gemächer reihen als Wohnungen der Priester. Dieser mächtige 
Bau, reich an Bildhauerarbeiten und Bilderschriftzeichen, mag wohl, 
nach der Allee aus Widdern zu urtheilen, der Haupttempel des 
Ammon gewesen sein. Auch seine Abendseite ist prachtvoll, denn 
auch dort hat er einen von Säulen eingefaßten Vorhof mit breitem 
Ausgange, und 30 Kolosse schmückten den Vorhof, wovon noch 12 
aufrecht stehen. Kleinere Tempelgebäude in dieser Ruinengruppe 
von Karnak können wir seitwärts lassen, aber nicht den Reichs¬ 
palast, der nördlich vom Ammonstempel liegt und vorzugsweise 
die Bewunderung der Reisenden erregt. Ein 18,831m hohes Thor, 
wahrscheinlich ehemals mit bronzenen Flügelthüren, bildet den Ein¬ 
gang, wenn man gerade vom Ufer her durch eine zerstörte Sphinxen- 
Allee — nur zwei sind noch davon erhalten — eintritt. Die Säu¬ 
len, deren Gallerte den Vorhos umgab, und wovon noch 18 Stück 
übrig sind, waren 13,182m hoch. Aus diesem Säulenhofe führen 
27 Stufen hinauf in eine Vorhalle, und aus dieser ein Prachtthor 
in den Riesensaal, den man wohl ungeheuer nennen kann, denn er 
hat 94,156™ Länge und mehr als 47,080™ Breite. Die platte 
Decke, aus gewaltigen Steinblöcken aneinander gefügt, wird von 
134 Säulen getragen, deren mittlere Reihen 20,401m hoch sind bei 
3,139™ Durchmesser. Der Saal kann nur zu großen Festlichkeiten, 
wo der Pharao von Priestern, Großbeamten und Feldherren um¬ 
geben zu Throne faß, wo er vielleicht Siegestrophäen und Krieges¬ 
steuern überwundener Völker annahm, gedient haben. 
Aus diesem Saal tritt man zwischen zwei abgestumpften Pyra¬ 
miden in einen andern Säulenhof, der mit zwei der größten Obe¬ 
lisken (Spitzsäulen) geschmückt ist und an die eigentliche Königs¬ 
wohnung stößt, die man ausnahmsweise aus Granit gebaut hat. 
Wohin man übrigens in den königlichen Gemächern blickt, ist Alles, 
wie in dem großen Säulensaale, voll Bildhauerarbeiten mit Ma¬ 
lerei, bald religiöse Handlungen, z. B. die Ammons - Prozession mit 
dem heiligen Schiffe, bald kriegerische Scenen darstellend, wo der 
König auf feinem Streitwagen den Feind verfolgt, wo Besiegte sich 
ergeben, wo Festungen erstürmt werden, auch Triumphzüge mit Ge¬ 
fangenen und Opfer für die Götter.«
	        
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