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Narvaez; er stellte ihm vor, daß es besser wäre, mit ihm gemeinschaft¬
liche Sache zu machen, als sich zu entzweien. Narvaez aber ging
aus solche Vorschläge nicht ein; er bedrohete den Gesandten mit
Gefangenschaft und erklärte, daß er Kortez für einen Rebellen und
Verräther halte und ihn mit Feuer und Schwert bekriegen wolle.
Auch versprach er demjenigen, der Kortez lebendig in seine Hände
liefern würde, eine große Belohnung.
Auf diese Nachricht zog Kortez seinem Feinde entgegen. Nach¬
dem er durch geheime Bestechungen einen großen Theil von Narvaez
Heer für sich gewonnen hatte, überfiel er den Oberbefehlshaber in
einer dunklen Nacht, erschlug ihn und zog die herrenlosen Truppen
mit leichter Mühe zu sich herüber. So konnte er mit verstärkter
Macht wieder in der Hauptstadt erscheinen, wo die wenigen zurück¬
gelassenen Spanier indessen das ganze empörte Volk zu bekämpfen
gehabt hatten. Selbst Kortez konnte sich gegen die tapfern Indianer
nicht behanpten. Nach mehreren furchtbaren Gefechten, in denen
Mmtezuma, von Kortez zur Beschwichtigung des Aufruhrs im
vollen Königsschmuck aus die Zinnen der Feste geführt, von der
Hcnd seiner eigenen Leute den Tod gefunden hatte, erkannte der
Spanier das Unhaltbare seiner Stellung und befahl den Rückzug
in stiller Nacht. Aber das wachsame Auge der Indianer hatte die
Vcrbereitungen zum Marsche erspäht. Kaum befanden daher die
Swnier sich auf einem der langen Dämme, welche über den See
führen, als sie sich von allen Seiten angegriffen sahen. In der
Verwirrung des Nachtgefechts halfen die Geschütze und Feuerwaffen
nichts, hier entschied der Kamps mit blanker Waffe Mann gegen
Main, und der Todesmuth der außerdem viel zahlreicheren Indianer
trug den Sieg davon. Sämmtliche Geschütze gingen in dieser »Nacht
der Trauer« verloren, neben 2000 Tlaskalern deckte die Hälfte der
span schen Truppen, unter ihnen die besten Unterbefehlshaber, das
nächtliche Schlachtfeld. Während die geretteten Reste des Heeres
trauernd am jenseitigen Ufer des Sees hinzogen, mußten sie sehen,
daß ii der hell erleuchteten Stadt ihre Gefährten von den Mexikanern
zu tun Altären der heidnischen Götter geschleppt und dort ge¬
schlachtet wurden!
Kortez rettete sich in dieser Noth durch List. Ein unermeßliches
Heer ler Mexikaner, das sich seinem ferneren Rückzüge entgegen¬
stellte, schlug er durch einen kühnen und glücklichen Angriff auf
die Reichsfahne, die für ein so hohes Heiligthum galt, daß nach
ihrem Verlust Alles voll Entsetzen die Flucht ergriff. Dann traf
er in dem befreundeten Tlaskala die kräftigsten Anstalten, feinen
Verlust zu ersetzen. Nicht lange, so hatte er durch Verstärkungen
aus Kuta, die eigentlich für Narvaez bestimmt waren, wieder ein
stattliches Heer beisammen, mit dem er abermals den Marsch auf
die Hauptstadt antrat. Dort herrschte jetzt ein kräftiger Kaiser,