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Falkenberg, der Kommandant der Stadt, aufgeschreckt durch
das Knallen des Musketenfeuers, eilte von dem Rathhause, wo er
eben beschäftigt war, den zweiten Trompeter des Tilly abzufertigen,
mit einer zusammengerafften Mannschaft nach dem neustädtischen
Thore, das der Feind schon überwältigt hatte. Hier zurückgeschla¬
gen, flog dieser tapfere General nach einer andern Seite, wo eine
zweite feindliche Partei schon im Begriffe war, die Werke zu er¬
steigen. Umsonst ist der Widerstand; schon zu Anfang des Gefechts
strecken die feindlichen Kugeln ihn zu Boden. Das heftige Mus¬
ketenfeuer, das Lärmen der Sturmglocken, das überhandnehmende
Getöse machen endlich den erwachenden Bürgern die drohende Ge¬
fahr bekannt. Eilfertig werfen sie sich in ihre Kleider, greifen zum
Gewehr, stürzen in blinder Betäubung dem Feinde entgegen. Noch
war Hoffnung übrig, ihn zurückzutreiben; aber der Kommandant
getödtet, kein Plan im Angriff, keine Reiterei, in seine verwirrten
Glieder einzubrechen, endlich kein Pulver mehr, das Feuer fortzu¬
setzen. Zwei andere Thore, bis jetzt noch unangegriffen, werden von
den Vertheidigern entblößt, um der dringenden Noth in der Stadt
zu begegnen. Schnell benutzt der Feind die dadurch entstandene
Verwirrung, um auch diese Posten anzugreifen. Der Widerstand
ist lebhaft und hartnäckig, bis endlich vier kaiserliche Regimenter,
des Walles Meister, den Magdeburgern in den Rücken fallen und
so ihre Niederlage vollenden. Ein tapferer Kapitän, Namens
Schmidt, der in dieser allgemeinen Verwirrung die Entschlos¬
sensten noch einmal gegen den Feind führt und glücklich genug ist,
ihn bis an das Thor zurückzutreiben, fällt tödtlich verwundet, Magde¬
burgs letzte Hoffnung mit ihm. Alle Werke sind noch vor Mittag
erobert, die Stadt in Feindes Händen.
Zwei Thore werden jetzt von den Stürmenden der Haupt¬
armee geöffnet, und Tilly läßt einen Theil seines Fußvolkes ein-
marschiren. Er besetzt sogleich die Hauptstraßen, und das ausge¬
pflanzte Geschütz scheucht alle Bürger in ihre Wohnungen, dort ihr
Schicksal zu erwarten. Nicht lange läßt man sie im Zweifel; zwei
Worte des Grafen Tilly bestimmten Magdeburgs Geschick. Auch ein
nur etwas menschlicher Feldherr würde solchen Truppen vergeblich
Schonung anbefohlen haben; Tilly gab sich nicht die Mühe, es zu
versuchen. Durch das Stillschweigen seines Generals zum Herrn
über das Leben aller Bürger gemacht, stürzte der Soldat _ in das
Innere der Häuser, um ungebunden alle Begierden einer viehischen
Seele zu kühlen. Vor manchem deutschen Ohre fand die flehende
Unschuld Erbarmen, keines vor dem tauben Grimme der Wallonen
aus Pappenheims Heer. Kaum hatte das Blutbad seinen Anfang
genommen, als alle übrigen Thore aufgingen, die ganze Reiterei
und der Kroaten fürchterliche Banden gegen die unglückliche Stadt
losgelassen wurden.