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und konnte dieselben billigen oder verwerfen. Seine gerichtlichen
Sitzungen, in welchen er ohne weitere Berufung über Leben und
Tod entschied, hielt er bei Nacht und ohne Licht. Die Abstimmung
geschah durch Scherben, welche man entweder in die Urne des
Todes oder in die der Erbarmung warf.
Die strenge Gerechtigkeit dieses Gerichtshofes war in ganz Grie¬
chenland berühmt. Aber nicht nur dem öffentlichen, sondern auch
dem Privatleben der Athener wollte Solon eine heilsame Umge¬
staltung geben. Darum sorgte er vor allem für die Erziehung der
Jugend, die nicht nur körperlich (wie in Sparta), sondern auch
geistig ausgebildet werden sollte. Die Jünglinge wurden in der
Dichtkunst, in Beredtsamkeit und Weisheit (Philosophie),
so wie auch, um ihren Schönheitssinn auszubilden, in der Musik
und Malerei unterrichtet.
So vortrefflich diese Gesetzgebung auch war, so hielt sie Solon,
der sich auch hierin viel weiser zeigte als Lykurg, dennoch nicht für
unverbesserlich. Damit aber nicht durch stete Aenderung der Gesetze
neue Unordnungen entstehen sollten, sondern erst durch längere Er¬
fahrung die Zweckmäßigkeit seiner Verfassung geprüft werde, ließ
er die Athener schwören, daß sie seine Gesetze, die in hölzerne Walzen
eingegraben wurden, zehn Jahre unverändert beibehalten wollten,
und begab sich dann aus weite Reisen. Auf diesen besuchte er
Aegypten, Cypern und die Staaten Kleinasiens.
Nachdem Solon von seinen Reisen zurückgekehrt war, fand er
in Athen große Unordnung. Die niedere Volksklasse z. B. mi߬
brauchte die durch ihn gegebene Freiheit. Bei jeder Gelegenheit
wollte das Volk die Vornehmen, seine ehemaligen Unterdrücker,
fühlen lassen, daß es nicht mehr von ihnen abhängig sei, daß es
eben so gut wie sie Theil an der Regierung habe. Auf friedlichem
Wege suchte Solon das Volk mit den Vornehmen wieder zu ver¬
söhnen; aber er war zu alt, um so kräftig aufzutreten wie vormals.
Vor Schmerz verließ er seine undankbare Vaterstadt und ging nach
Cypern, wo er bald nachher starb.
Die l^mrkmge in Griechenland.*)
Schlacht bei Marathon (490 v. Chr.). — Miltiadcs.
Von der Eroberungssucht und Rachbegierde getrieben, sandte
Dartus Hystaspis seine Heere zuerst unter Mardonins, und
als dieselben durch Sturm mißhandelt und von den Thraciern
aufgerieben worden, vermehrte Schaaren unter T> atis und
*) K. v. Rotteck u. A.