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100 zugleich sein Bruder Theologie studirte, und wo er die Magister¬
wurde annahm, ohne jedoch in seinem Leben Gebrauch von ihr zu
machen Unter andern übersetzte er hier Klopstocks Messiade ins
Lateinische, um ihr Verständniß zu erleichtern.
Nach Verlauf eines Jahres kehrte er aber schon wieder nach
Berlm zuruck, wo er für seinen Freund Mylius die Vossische Reitunq
redlgirte, und sich dadurch neue Vorwürfe von Hause zuzog: denn
ein Zeitungsschreiber und ein Komödienschreiber galten beide bei
Messings 23ater gleichviel. Aber bald ward dieser wieder ausgesöhnt
durch den immer weiter sich verbreitenden literarischen Ruf feines
Sohnes. Und so ließ er ihn denn von nun an in feinen drama¬
turgischen Studien gewähren.
o rr?n bj5e Seit des zweiten Berliner Aufenthalts fällt auch
2essmgs Bekanntschaft mit Nicolai und Mendelssohn Mit
diesen Beiden gab er vom Jahre 1757 an die Bibliothek der
schonen Wissenschaften und im Jahre 1759 die Literatur*
briefe heraus, welche so mächtig in die Geschichte des deutschen
Geistes eingegriffen haben, daß von ihnen eine neue Zeit datirt.
— Im Jahre 1760 ward er Mitglied der Berliner Akademie. Um
diese Zeit waren auch einige seiner vorzüglichsten dramatischen Werke
erschienen. — Nachdem er eine Zeitlang als Sekretär bei dem
General -ktauentzien in Breslau gelebt, dann wieder nach Berlin
sich begeben hatte, nahm er im Jahre 1767 eine Anstellung in
Hamburg an, die ihn wieder enger an das Theater fnüpfte, für
dessen gänzliche Umgestaltung er in seinen dramaturgischen Blättern
thätig war; namentlich bekämpfte er den französisch-voltaireschen
Geschmack. Aber mitten in seiner Hamburger Theaterwelt machte
er zugleich auch die persönliche Bekanntschaft des Hauptpastors
Johann Melchior Götze, mit dem er späterhin in den be¬
rühmten theologischen Streit gerieth.
Von Hamburg aus begab sich Lessing nach Wolfenbüttel,
woselbst er die Stelle eines Bibliothekars übernahm. Hier hoffte
er nach seiner Verheiratung einen ruhigen Hausstand zu begrün¬
den; aber der Tod raubte ihm nach kurzem Glück seine geliebte
Gattin und sein einziges Kind. Deshalb verließ er nach einigen
Jahren Wolfenbüttel und begab sich wieder auf die Wanderung.
So zerrissen, wechselvoll und unstät Lessings Leben war, so
vielseitig, planlos und verschiedenartig erscheint seine Beschäftigung.
Unermüdlicher Forschertrieb und rastloses Streben nach
Wahrheit sind die Grundzüge seiner kräftigen männlichen Natur.
Er schrieb einst: »Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit und
in seiner Linken den einzigen inneren Trieb nach Wahrheit, obschon
mit dem Zusatze mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte
und zu mir spräche: wähle! ich fiele ihm mit Demuth in feine