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Großen und Edeln seines Reiches, sondern-lud auch alle griechischen
Staaten ein, Gesandtschaften zu den Festlichkeiten zu schicken, und
ließ dort eine Menge Redner, Dichter, Künstler, Schauspieler und
Musiker versammeln; denn er war eifrig bemüht, sich den Griechen
gefällig zu beweisen und durch Freundlichkeiten ihnen seinen Dank
dafür auszudrücken, daß sie ihm das ehrenvolle Amt eines Ober¬
feldherrn übertragen hatten.
Inzwischen gedachte er des bevorstehenden Feldzuges nach Persien,
dessen glücklichen Ausgang er gesichert wähnte. Doch wollte er sich
dessen noch vergewissern, und ließ beim delphischen Orakel des¬
halb anfragen. »Siehe, der Stier ist bekränzt, nahe sein Ende, es
harret der Opferer!« so lautete der Ausspruch des Gottes. Wer
anders konnte damit gemeint sein, als der Perserkönig; dieser war,
wie Philipp sich einbildete, der zum Opfertode Bekränzte. — Der
König stand jetzt auf der höchsten Stufe seines Glückes, schon sah
er Persien zu seinen Füßen niedergelegt und sich selbst auf dem
Throne sitzend, das goldene Scepter in der Hand, ein Weltbeherrscher.
Die für die Vermählungsfeierlichkeiten festgesetzte Zeit nahte,
und König Philipp begab sich nach Aegä. Hier fand er Alles nach
seinem Wunsche auss Glänzendste vorbereitet. Zahlreiche Abgeord¬
nete griechischer Städte, namentlich auch von Athen, überreichten
ihm goldene Kronen, bedeutsame Ehrengeschenke. Der erste Tag
des Festes ging ohne bemerkenswertes Ereigniß vorüber, allgemein
herrschten Freude und Jubel, auch Philipp war hoch erfreut über
die ihm erwiesenen Huldigungen. Am zweiten Tage sollte ein feier¬
licher Zug des Königs, sammt seinem Hofstaate, nach dem Theater
stattfinden, wo Wettkämpfe veranstaltet waren. Schon in der Nacht
vorher hatte sich ein Theil des Volkes zum Theater gedrängt, und
als das Morgenroth anbrach, sammelte sich ein anderer Theil der
Menge vor dem Paläste, dem glänzenden Zuge zuzuschauen. Da
erschien der König, ein weißes Gewand wallte von feinen Schultern.
Lauter Jubel, der nicht enden zu wollen schien, empfing ihn. Er
trat mitten unter seine Leibwache und gab das Zeichen zum Auf¬
bruch. Zwölf Götterbilder wurden dem Zuge vorausgetragen, diesen
schlossen sich die höchsten Würdenträger des Königs an. Dann
folgte ein Herold, der Philipps Bild, das Bild des dreizehnten
Gottes trug.
Vor dem Eingänge zum Theater wurde Halt gemacht, und
während die den Zug eröffnenden Männer eintraten, blieb der
König vor dem Thore stehen. Abermals schallte ihm lauter Zuruf
entgegen. Wie wohl that dies seinem Herzen! Er trat vor, um
sich dem jauchzenden Volke zu zeigen und öffentlich darzuthun, daß
er durch die allgemeine Zuneigung des Volkes gesichert, des Schutzes
der Leibwache nicht bedurfte. Dadurch entfernte er sich von der
Leibwache, welche bis dahin seine Person umringt hatte. Ganz