194 Bäuerliche Zustände im Reformationszeitalter. 
seinem Gesind und Vieh. Ihre Häuser finb schlechte Häuser Don Holz und 
Lehmen gemacht, auf das Erdreich gesetzt und mit Stroh gedeckt. Ihre 
Speise ist schwarzes, trockenes Brot, Haferbrei oder gekochte Erbsen und 
Linsen. Wasser und Molkeu ist fast ihr Trauk. Eine Zwilchjuppe, zween 
Bundschuh und ein Filzhut ist ihre Kleidung. Diese Leut haben nimmer 
Ruh, früh und spat hangen sie der Arbeit an. Ihren Herren müssen sie 
oft durch das Jahr dienen, das Feld bauen, säen, die Frucht abschneiden 
nnd in die Scheuer führen, Holz hauen und Gräben machen. Da ist nichts, 
das das arm Volk nicht thun muß und ohne Verlust uit anffchiebeu darf. 
Dies mühselig Volk der Bauern, Köhler, Hirten ist ein arbeitsam Volk, 
das jedermanns Fußhader ist, und mit Fronen, Scharwerken, Zinsen, Gülten, 
Stenern und Zöllen hart beschwert und überladen." 
Der Bauernkrieg hatte das Los der Bauern im allgemeinen noch ver¬ 
schlimmert, doch muß man es einigen deutschen Fürsten, wie auch dem Adel 
manches deutschen Landes nachrühmen, daß sie den Anforderungen der Zeit 
Rechnung trugen und anerkennenswerte Bereitwilligkeit zur Abstellung der 
schlimmsten Zustände offenbarten. So z. B. der Markgraf Philipp von 
Baden und besonders der damalige Regent der deutschen Erblande Habs- 
burgs, der uachherige Kaiser Ferdinand I., letzterer wirksam unterstützt von 
dem Adel und den Prälaten Oberösterreichs und namentlich Tirols. Die 
Ritterschaft und der Klerns Oberösterreichs ermäßigten nicht nur aus eige¬ 
nem Antriebe die Leistungen der Bauern, zumal durch Umwandlung der 
bisher nngemessenen Fronden in gemessene, sondern erwirkten auch ihren 
strafbaren Grundholden vom Landesherren eine bedeutende Minderung der 
ihnen auferlegten Geldbußen. Und die noch im Jahre 1525 mit Sen Ständen 
vereinbarte und veröffentlichte neue Landesordiumg Tirols gewährte der 
Landbevölkerung wesentliche Erleichterungen, wie zumal die allgemeine Ab¬ 
schaffung aller Frondienste, von denen nicht ein Herkommen von wenigstens 
fünfzig Jahren nachgewiesen werden konnte, und noch mancher anderen Lei¬ 
stungen, Umwandlung verschiedener Naturallieferungen in eine geringfügige 
Geldabgabe, selbst Anteil an der Jagd und andere Einräumungen. 
Folgten auch nur wenige Fürsten und Ritterschaften Deutschlands diesen 
rühmlichen Vorgängen, so enthielten sie sich doch in den nächsten Jahrzehnten 
wenigstens der Vergewaltigung der noch vorhandenen Freibauern, da ihnen 
denn doch nicht entgangen, welchen wesentlichen Anteil dieselben an dem 
Ansbrnche des Bauernkrieges gehabt hatten. Aber seit dem letzten Viertel 
des 16. Jahrhunderts begegnen wir wieder, besonders in Westfalen und am 
Niederrhein, eifrigen und planmäßigen Versuchen, mit Hilfe des römischen 
Rechts die freien Landlente in Hörige oder gar Leibeigene, Erbpächter in 
Zeitpächter zu verwandeln. Wie empfindlich jedoch die Landbevölkerung 
von diesen Bestrebungen auch getroffen werden mochte, sie waren ein kleines 
Übel gegenüber dem Vollmaße unsäglicher Leiden, welches der dreißigjäh¬ 
rige Krieg über den deutschen Bauernstand ausgoß.
	        
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