Deutscher Handel am Ausgang des Mittelalters. 55 
elbgebiet und mit diesem die aus Oberdeutschland herabziehenden Linien an 
die Oder und gewann mit Stettin für den gesamten Handel des Oder¬ 
gebietes eine hervorragende Stellung. 
Nicht minder großartig war die Stelle der sächsischen, rheinischen, 
oberalemannischen und süddeutschen Handelsstädte. „Köln ist durch seinen 
ausgebreiteten Handel und seine unermeßlichen Reichtümer", schreibt Wimphe- 
ling, „die Königin des Rheines. Was soll ich von Nürnberg sagen, wel¬ 
ches fast mit allen Ländern Europas Handelsverbindungen unterhält und 
seine kostbaren Arbeiten in Gold und Silber, Kupfer und Bronze, Stein 
und Holz massenhaft in allen Ländern abfetzt? Es strömt dort ein Reich¬ 
tum zusammen, von dem man sich kaum eine rechte Vorstellung machen 
kann. Eiu gleiches gilt von Augsburg. Das viel kleinere Ulm nimmt 
jährlich, sagt man, mehr als eine halbe Million Gulden an Handels¬ 
gefällen ein. Auch die elsässischeu Städte treiben einen äußerst gewinnreichen 
Handel, und insbesondere ist Straßburg ungemein reich." 
Über Straßburg, Kolmar und die kleinerm elsässischen Städte, über 
Basel, Konstanz, Genf ergoß sich der Handel ins Innere von Frankreich, 
über Marseille an die Küste des Mittelmeeres, gegen Norden den Rhein 
hinab über deffen Mündungen hinaus; gegen Nordosten durch Mitteldeutsch¬ 
land in das Gebiet der Elbe und der Ostsee; gegen Osten durch Vermit¬ 
telung fränkischer und schwäbischer Städte in die Länder der Donau; gegen 
Süden über die Alpen nach Genua, Venedig, Mailand, Lncca und Florenz. 
Über die Pässe der schweizerischen und tirolischen Alpen bildeten die süd¬ 
deutschen Kaufleute die Brücke zwischen dem Süden Europas nnd dem 
Nordosten des Reiches und deu diesem angrenzenden slavischen Völker¬ 
schaften. 
Zwischen vielen Handelsplätzen bestand bereits ein regelmäßiger Boten¬ 
zug. In Danzig z. B. waren „reitende oder fahrende Läufer" angestellt 
zur Besorgung der Briefe der einheimischen Kaufleute fowohl, wie der in 
der Stadt verweilenden Fremden. Zwischen Augsburg und Venedig fand 
schon im 14. Jahrhundert ein geordneter Postverkehr statt durch „ordiuari 
Postboten", welche vom Augsburger Rate ihre Anstellung erhielten und 
unter sich eine eigene Zunft bildeten. 
Von größtem Einfluß war insbesondere der Handel mit Venedig. 
Das dortige Kaufhaus der Deutschen war an Umfang dem hanseatischen 
Lagerhaus in Antwerpen zu vergleichen. Unter den Städten, welche den 
Handel zwischen Venedig und Deutschland vermittelten, stehen Regensburg, 
Augsburg, Ulm, Nürnberg und Lübeck oben ein. Noch im 16. Jahrhun¬ 
dert, nachdem der Handel schon in Verfall geraten, schickten die Augs¬ 
burger ihre jungen Kaufleute nach Venedig wie auf eine hohe Schule der 
Handelswissenfchaft. Die Fugger, Welfer, Baumgartner, Herwart, Rem 
it. a. hatten dort bleibende Kontore. 
Aber nicht bloß einzelne deutsche Städte suchten den deutschen Handel 
bis an das Mittelmeer zu erstrecken und dadurch zu einem Mittelpunkte
	        
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