VI.
Friedrich Barbarossa im dritten KreiMge.
Ein Schrei des Entsetzens ging durch das christliche
Abendland, als im Herbst des Jahres 1187 vom Morgen¬
lande her durch flüchtige Pilger die Schreckensnachricht
nach Europa kam, daß die heilige Stadt Jerusalem und
mit ihr alle heiligen Statten des gelobten Landes wieder
in die Hände der Ungläubigen gefallen seien. Zwar
wollten zuerst viele diese traurige Botschaft nicht glauben;
so konnte, dachten sie, Gott die Seinigen nicht heim¬
suchen, daß er ihnen die Stadt und das Land wieder
entriß, das vor noch nicht 100 Jahren durch den Helden¬
mut der ersten Kreuzfahrer von der Knechtschaft des Halb¬
mondes befreit worden war. Aber bald mußte jeder
Zweifel schwinden; es ward zur traurigen Gewißheit,
daß m der That alles im Morgenlande verloren war,
daß keine der heiligen Stätten sich noch in den Händen
der Christen befand, daß der letzte christliche König von
Jerusalem in moslemitischer Gefangenschaft schmachtete
und daß seine Ritter entweder dieses sein Schicksal teilten
oder auf dem Schlachtfelde von Hittin am lieblichen See
Genezareth einen ruhmvollen Tod gefunden hatten.
Am 3. Oktober 1187 war es geschehen, daß der
sieggewohnte Saladin, Sultan von Aegypten, in Jerusalem
einzog. Es war ein Schreckenstag für die christlichen Be¬
wohner der Stadt, als nun die wilden kurdischen Söld¬
nerscharen hereindrangen und mit dem Kriegsgeschrei
„Allah! Allah!" sich in den Straßen verbreiteten. Die
Kreuze wurden niedergerissen und überall der Halbmond
aufgepflanzt, die Kirchen wurden geplündert, die heiligen
Geräte zerstört und entweiht. Angstvolle Stunden waren