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Klaus und sein Weib waren von den rohen Söldnern 
an Bäume gebunden; der Knabe Lathonius war nicht 
zu sehen. Laut auf schrie Irmgard bei diesem Anblick; 
die Bauern aber warfen sich mit wildem Geheul auf die 
Angreifer, die, eines solchen Überfalles nicht gewärtig 
schnell die Flucht ergriffen, ohne sich ernstlich zur Wehr 
zu setzen. Mit dem herzzerreißenden Rufe: „Mein Kind, 
mein Lathonius!" stürzte sich Irmgard in das brennende 
Haus, denn es war ihr, als hätte sie durch das Heulen 
der Flammen das Schreien ihres Kindes gehört. Ver¬ 
gebens war es, daß Kunz und Vollradt ihre Herrin zu¬ 
rückzudrängen suchten; sie riß sich los und gelaugte 
glücklich über die schon brennende Stiege in das obere 
Zimmer. Schon brannte das Bettchen, in dem der 
Knabe lag; mit raschem Griff raffte die Mutter das 
Kind an sich, und nicht achtend der eigenen Lebensgefahr 
stürzte sie sich mit ihrer teuren Bürde durch die Tür 
wieder ins Freie. Die Kleider brannten ihr am Leibe, 
Brandwunden bedeckten ihre Hände und Arme; aber sie 
hatte es erreicht, sie hatte ihr Kind von dem schrecklichen 
Tode des Verbrennens gerettet. Kaum war sie draußen 
angekommen, als sie in eine tiefe Ohnmacht fiel, und in 
demselben Augenblick brach das Balkengerüst der Neuen 
Burg krachend und funkensprühend in sich zusammen. 
Schluß. 
Einige Wochen waren nach diesem schrecklichen, er¬ 
eignisreichem Tage vergangen. Die Bauern hatten ihren 
tapferen Führer bestattet an der Stelle, wo er so oft an 
ihrer Spitze gestanden und sie in den Waffen geübt 
hatte, auf der Waldblöße in der Nähe der Sägegrube. 
Dies dünkte ihnen der geeignetste Ruheplatz zu sein für 
diesen seltenen Mann, der, obgleich königlichen Geblütes, 
es wie fein anderer verstanden hatte, mit ihnen wie mit 
seinesgleichen zu verkehren; hier, umrauscht von den 
alten Eichen, die in der Nähe standen, sollte er ausruhen 
Tie mann, Parricida. 7
	        
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