Full text: Zur deutschen Geschichte (Teil 1)

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Und neben ihm steht Kollonits/) 
Ein Bischof gotterfüllt, 
Deß milde Hand die Schmerzen all' 
Der wunden Helden stillt. 
Die Fahne auf dem Stephansturm 
Wohl sechzig Tage stand, 
Es hielt sie fest der Stahremberg, 
Mit seiner treuen Hand. 
Die Fahne auf dem Stephansturm 
Die sängt zu wanken an; 
Was hilft, ach Gott, ein Wundermann, 
Wenn hundert Feinde nahn! 
Die Fahne auf dem Stephansturm 
Die wankt, die sinkt, die bricht. 
,,Nun helf' uns Gott!" ruft Stahremberg, 
„Denn länger halt' ich's nicht." 
Der Türke ruft in stolzer Lust: 
,,Allah, der Sieg ist dein! 
Gefallen ist die Kaiserstadt! 
Der Kaisertron ist mein!" 
Von Hörner- und Trompetenschall 
Tönt plötzlich da ein Klang: 
„Heil Kollonits! Heil Stahremberg!" 
So ruft ein Schlachtgesang. 
Es tönt so froh und tönt so hell, 
Als ging's zu Tanz und Wein; 
Das ist die deutsche Ritterschaft 
Von Elbe, Main und Rhein. 
Es tönt so stark und tönt so tief, 
Als zög' der Sturm herbei: 
Von Östreich ist's die Heldenkraft, 
Von Baiern ist's der Leu. 
Es tönt wie wilde Meeresflut, 
Die hoch stch hebt vom Strand; 
Sobiesky ist's, der Polenfürst,**) 
Ein Held gar wohlbekannt. 
Der Türke rauft im Grimm sein Haar, 
Von Rachelust entbrannt, 
Und mordet die Gefangnen all' 
Mit kalter Mörderhand. 
Nun eilt, ihr Helden, eilt herbei, 
Zum Kampf, so hart und heiß; 
Zu retten heut die Christenheit, 
Das ist des Kampfes Preis! 
Ein Feuer war das Christenheer, 
Von heil'gem Mut entbrannt, 
So brach es auf die Türken ein, 
Ein Blitz von Gott gesandt. 
Der Lotharinger stritt voran, 
Die Polen folgten nach, 
Doch keiner zählt die Helden all' 
An jenem Ehrentag. 
Die Türken standen mutig erst, 
Dann wichen sie zurück, 
Dann brach das Feuer durch sie durch, 
Zu Rauch ward da ihr Glück. 
Ein weites, weites Leichenfeld 
Ward rings das Donauthal; 
Dort sank in Staub der Türken Stolz, 
Dort steht ihr Totenmal. 
Bei Pauken- und Trompetenschall 
Und Freudenfeuerschein, 
So zieht geschmückt das Christenheer 
Jn's freie Wien nun ein. 
Und noch steht auf dem Stephansturm 
Das' Kreuz der Christenheit, 
Zum Zeichen, wie vereinte Kraft 
Die Kaiserstadt befreit. Mkalend«. 
*) War früher Maltheser-Ritter gewesen und hatte sich im Seekriege gegen die Türken 
großen Ruhm erworben. 
**) König Johann Sobiesky von Polen, Herzog Karl von Lothringen, Kurfürst Georg 
von Sachsen, Maximilian Emannel von Baiern waren die Führer des Hülssheeres.
	        
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