28 Frankreich im Kriege mit Europa bis 1812.
nung daß Eure Majestät Ihre Einwilligung geben würde. Ich zögere
daher fernen Augenblick länger und schicke den Grafen Lauriston, meinen
Adjutanten, der Eurer Majestät schon bekannt ist, mit diesem Briefe
zu Ihnen. Gleichzeitig beauftrage ich ihn, Eurer Majestät zu sagen
wieviel mir an dieser Verbindung gelegen ist, denn ich erwarte bort
ihr für mich und für mein Volk großes Glück!
Napoleon.
An die Erzherzogin Marie Luise von Österreich, in Wien.
Rambouillet, 23. Februar 1810.
Liebe Cousine, die glänzendsten Eigenschaften, welche Ihre Person
auszeichnen, haben 11ns zu dem Wunsche veranlaßt, Ihnen zu dienen
und Sie zu ehren. Indem Wir Uns an den Kaiser, Ihren Vater mit
der Bitte wenden, Uns das Glück Eurer Kaiserlichen Hoheit anzuver¬
trauen, dürfen Wir hoffen, daß Sie die Gefühle, die Uus zu diesem
Schritte veranlassen, gnädig aufnehmen? Dürfen Wir Uns schmeicheln
daß Sie sich nicht nur aus Pflicht und kindlichem Gehorsam zu die er
Verbindung entschließen? Sofern Eure Kaiserliche Hoheit nur ein ganz
klem wenig Neigung für Uns übrig haben, wollen Wir dies Gefühl
sorgfältig pflegen und es Uns zur höchsten Aufgabe machen, Ihnen
immer und in allem angenehm zu sein, so daß Wir glücklich sein werden,
eines Tages Ihre ganze Zuneigung gewonnen zu haben. Dies ist
Unser einziges Bestreben, und Wir bitten Eure Kaiserliche Hoheit Uns
geneigt zu sein.*)
Napoleon.
Aii Franz I., Kaiser von Österreich, in Wien.
Saint Cloud, 26. Juli 1810.
Mein Herr Bruder und lieber Schwiegervater, ich erhalte soeben
den Brief Eurer Majestät vom 15. Juli und bitte Sie, für die darin
enthaltenen liebenswürdigen Worte meinen herzlichsten Dank ent-
gegenzunehmen. Ihre Aufmerkfamkeit und die mir bewiesene Freund¬
schaft hat mich tief gerührt. Graf Metternich, Fürst Schwarzenberg
und die während jenes beklagenswerten Ereignisses in Paris anwesen¬
den Untertanen Eurer Majestät verdieueu das größte Lob; ihr Ver¬
halten hat mir wahres Vergnügen bereitet.**) Dies veranlaßt mich zu
*) Auf die Erzherzogin Marie Luise wirkte die Mitteilung ihrer künftigen Ver¬
mählung mit Napoleon, der noch bis vor kurzem in ihren Kreisen und von allen ihren
Landsleuten so sehr gehaßt worden war, ziemlich vernichtend. Sie mußte sich indes
dem Wunsche ihres Vaters fügen und war später als Kaiserin, wie sie selbst in ihren
Briefen an die Ihrigen berichtet, recht glücklich.
**) 2)er österreichische Gesandte, Fürst Schwarzenberg, hatte aus Anlaß der
Vermählung Napoleons am 1. Juli ein glänzendes Fest veranstaltet, zu dem auch