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der größten Spannung, wie die Sachen ablaufen würden. Das Licht
im Douanenhänschen brannte, kein Schuß fiel, alles war still, bis
unsere Füsiliere, aus den Kähnen springend, dem streng gegebenen
Verbote zuwider das linke Rheinufer mit einem lauten Hurrageschrei
begrüßten. In diesem Augenblick fielen einige Schüsse aus dem
Douanenhänschen. Sie verwundeten einige Jäger und einen Führer,
der sich erboten hatte, die ersten preußischen Truppen über den Rhein
zu führen. Etwas später entstand ein kleines Tirailleurseuer mit un¬
bedeutenden feindlichen Abteilungen. . . .
Füsilier Hechel: In der Neujahrsnacht noch vor Mitternacht
versammelte uns der General von Hühnerbein beim Städtchen Caub.
Wir gingen ganz still den Rhein entlang. Tabakrauchen, Husten und
Sprechen, sowie alles Geräusch mit den Gewehren war streng ver¬
boten. Die russischen Pontons kamen Punkt zwölf Uhr an, und es
wurde sogleich der Anfang zur Legung einer Brücke gemacht, dicht
oberhalb Caub. Nach Mitternacht wurden die Schiffer, die die Avant¬
garde zur Deckung des Brückenbaues übersetzen sollten, bei den Kähnen
eingeteilt und um halb drei Uhr stiegen 200 Füsiliere vom 2. Bran¬
denburgischen Regiments zuerst ein. Ich befand mich unter dieser
Zahl. Es blieb wohl keiner von uns gleichgültig, als wir jetzt die
Grenze unseres Vaterlandes überschritten. Die Nacht war kalt und
sternenklar. Im Tale unten war's aber nicht besonders hell. Die
Überfahrt dauerte ungefähr eine Viertelstunde. Kein Schuß fiel, und
es blieb alles still, bis auf das leise Plätschern der Ruder. Aber
unsere Herzen klopften. Erst als wir aus den Kähnen sprangen, ging
das Scharfschützengefecht los. Das Ufer war an der Stelle, wo unser
Kahn gelandet, so steil, daß wir nicht hinan konnten. Etliche Kame¬
raden aber, die es an einem günstigern Punkte erklimmt, hielten uns
ihre Gewehre hin und zogen uns hinauf. Bis hierher hatten uns
die Leute von Caub aus ihren Fenstern zugesehen.
Als ihnen aber die französischen Gewehrkugeln in die Scheiben
klitschten, warfen sie schnell die Flügel zu und machten, daß sie aus
den Stuben kamen.
Der Feind war nicht stark und konnte wenig schaffen. Unsere
Zahl aber wuchs mit jeder Viertelstunde. Gegen Morgen fingen die
Franzosen zwar an, aus etlichen Kanonen zu feuern, die sie von
Oberwesel und Bacharach herbeigeholt und an einer Felsenecke auf-