Erster Kreuzzug. Belagerung Jerusalems.
Tage gegen bie äußere Mauer au, erkletterten sie auch, würben
aber mit blutigen Köpfen iuieber herabgeworfen, unb sahen mm
wohl ein, baß ohne Belagerungsmaschinen nichts Zu machen sei.
Jcitn zerstreuten sie sich in ber llmgegenb, unb brachten mit gro¬
ßer Mühe ans ber holzarmeu Gegeub bie nötigen Baumstämme
zusammen. Von ber schweren Arbeit ber Kreuzfahrer, ber brückeu-
ben Hitze, bem Mangel an Trinkwasser, ben häufigen ülungeu
Gefechten mit ben Sarazenen hier kein Wort. Die Leiben ber
Kreuzfahrer waren unaussprechlich; aber bie Hoffnung, bald in
Jerusalem einzuziehen, ließ sie alle Beschwerben willig ertragen,
©üblich hatte man zwei Belagerungstürme dollenbet. Tie toctren
vierseitig, mit starken Brettern beschlagen, burch Tierhäute gegen
Feuer gesichert unb hatten vorn eine Art von Zugbrücke, welche
mau auf bie Mauer ber Stabt herablassen wollte, um ben Krie¬
gern ben Weg bahiu zu bahnen. Unten hatten sie Räber, um
ber Mauer genähert werben zu körnten.
Nun waren bie Vorbereitungen zum Angriff fertig. Zuvor
aber wollte man mit Recht ben Beistand bes Himmels erflehen.
Alte legten bie beste Rüstung an, bie Priester, Kreuze tragend,
zogeu voran, unb so bewegte sich ber Zug langsam unb feierlich
um bte Stabt herum, um ant Ölberge zu beten. Die Sara¬
zenen wußten nicht bie Bebeututtg dieser Prozession; sie verhöhn¬
ten sie von den Mauern herab, äfften ihre heiligen Gebräuche
nach und warfen mit Steinen und Pfeilen nach ihnen, ein Spott,
der ihnen bald darauf teuer zu stehen kam. Die folgenbe Nacht
brachten bie Kreuzfahrer mit Gebeten imb Bußübungeu ju; kei¬
ner wußte, ob er ben nächsten Tag erleben werbe.
So brach ber zum Sturm bestimmte Tag, ber 14. Juli
1099, an. Mit unvergleichlicher Tapferkeit griffen bie Pilger
bte Mauern an; aber bie Sarazenen schleuberten Steine, Bal-
ken, brennenbeit Schwefel imb fiebeitbes Ol auf ihre Köpfe herab,
unb kaum konnte man bte hölzernen Türme vor ihren Braub-
pfetleit schützen. So kam ber Abend heran; ermattet mußten sich
bie Christen zurückziehen; alles Bütt, aller Schweiß war verge¬
bens zerronnen, unb nur ein Umstanb tröstete sie, baß ben Fein¬
den nicht gelungen war, ein heiliges Kreuz zu verletzen, welches
man aus Gottsriebs Turm aufgepflanzt hatte.
Am cmbern Morgen (15. Juli) würbe mit bem Frühsten
ber Sturm erneuert, unb mit noch größerem Grimme suchen bie
Pilger bte Mauern zu ersteigen. Aber alle Anstrengungen waren
vergeblich. <schon liegen Taufenbe niebergeschmettert ba, Gott-
friebs Turm gerät in Flammen unb kann kaum uitb nur mit
größter Mühe burch Essig gelöscht werben; sieben Stunden schon