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bildete der größte Sokratiker, der Kodride Plato (429—348), die Gedanken
seines Lehrers in seiner tiefsinnigen Jdeenlehre (Dialoge) zu einer Gesamt¬
anschauung der ganzen sittlichen Welt aus (Schule der Akademiker).
Dem Idealismus Platons stellte dessen Schüler Aristoteles aus Sta-
geira auf der Chalcidice (384—322) deu Realismus gegenüber; er ver¬
einigte in sich das ganze Wissen seiner Zeit, vertiefte und erweiterte es
durch eigene Forschung und faßte es in ein System zusammen, in welchem
fast alle Zweige der Wissenschaften (Naturgeschichte, Logik, Psychologie, Ethik,
Poetik, Politik) eine für viele Jahrhunderte mustergUtige Bearbeitung er¬
fuhren (Schule der Peripatetiter).
8. Auch die bildenden Künste folgten, jetzt mehr im
Dienste reicher Privatleute als des Staates, in Idee und Form den
Anregungen des veränderten Zeitgeistes. In der Architektur
verbreitete sich immer mehr der zierliche und prächtige korinthische
Stil (Denkmal des Mansolns von Karien, des Lysikrates in Athen).
Die Plastik wandte sich in weiterem Fortschritt ihrer Entwickelung
von dem Hohen und Erhabenen zur Darstellung des Weichen und
leidenschaftlich Erregten (Vorwalten jugendlicher und weiblicher Ideale,
schlankere Formen, individuelle Bewegtheit und lebenswarmes Wesen).
Meister dieser neuen Richtung, deren Charakter uns am besten in der
dramatisch bewegten Niobidengrnppe (Kopie zu Florenz) entgegentritt,
waren (beide c. 350) der Parier Skopas (rasende Bacchantin) und der
Athener Praxiteles (ruhender Satyr, Apollo der Eidechsentöter, Eros
von Thespiä, Aphrodite von Knidus, Hermes von Olympia). Der etwas
jüngere Ly sippus von Sikyon, Meister im Erzguß, brachte die idealisierte
Porträtskulptur (Alexander d. Gr.) in Aufnahme. Die daneben blühende
Kleinkunst veranschaulichen uns die niedlichen zu Tanagra gefundenen
bunten Xerracottafiguren. — Unsere Kenntnis der griechischen Malerei
beschränkt sich auf schriftliche Nachrichten und auf die Vasenbilder (S. 50),
welche von dem unerschöpflichen Reichtum der griechischen Phantasie und
der Ausbreitung feinen Kunstsinnes auch in niederen Kreisen beredtes Zeugnis
ablegen. Jedenfalls blieb die Malerei trotz der gerühmten Leistungen in
naturalistischer Richtung des Zeuxis aus Heraklea, des Parrhafius
aus Ephesus und des späteren Apelles aus Kolophon (Alexander d. Gr.,
Aphrodite Anadyomene) durch das Vorherrschen der Linienschönheit und in¬
folge der mangelnden Kenntnis der Luftperfpektive der Plastik ziemlich nahe.
Vierte Periode.
Uae mscedonisch« persische Weltreich und dir
Pellenisierung des Vrienis
338 — 281 v. Chr.
I. Akerander der Große
336-323 v. Chr.
1. Kämpfe um die Herrschaft in Macedonien und
Griechenland.
1. Philipp war schon 336 auf dem Hochzeitsfeste seiner 336.
Tochter Kleopatra zu Ägä mitten in den Rüstungen zum Perser-